„Bin mit der Zeit geduldiger geworden“
Interview mit Udo Münster, CEO milon industries
Nach fünf Jahren als CEO von milon scheidet Udo Münster zum Ende des Jahres aus dem Amt aus. bodyLIFE Medien-Geschäftsführer Thorsten Rebek und Chefredakteur Max Fischer trafen Udo Münster zum Interview.
body LIFE: Udo, nach zwölf Jahren im Unternehmen und davon fünf als CEO – wie viel Wehmut ist bei dem Abschied dabei?
Udo Münster: Nachdem ich am 1.7.2007 in das Unternehmen, das damals noch miha hieß, eingetreten bin, gehe ich jetzt mit zwei zufriedenen Augen. Ich sage auch nicht: „Jetzt ist alles vorbei.“ Ich wollte das von Beginn an so. Es waren in den letzten fünf Jahren als CEO sehr viele Aufgaben zu erledigen, von denen wir vieles im Team umsetzen konnten. Die Führungsrolle bei einem Unternehmen abzugeben, das erfolgreich ist, das Gewinne erzielt, immer internationaler wird und vor allem ein super vielschichtiges Team innehat, erfüllt mich mit sehr viel Stolz. Wir kaufen ja nicht einfach Produkte ein und verkaufen sie wieder weiter, sondern wir decken jeden Aspekt, der in diesem Business darstellbar ist, ab – egal, ob das die Produktentwicklung, die Produktion, der Vertrieb oder das Marketing ist, das ist ein sehr heterogenes System mit ganz vielen hochspezialisierten Mitarbeitern. Diese Maschinerie zum Laufen zu bringen, war die Herausforderung. Heute ist es ein Getriebe, das rundläuft, und so gesehen ist viel mehr Freude als Wehmut dabei.
body LIFE: Wie fällt dein Fazit nach der Zeit im Unternehmen aus?
Udo Münster: Vor meinem Einstieg als CEO 2015 war ich bereits milon-Distributor in der Schweiz und später auch für Österreich. Für mich war dabei immer wichtig, die richtigen Konzepte für unsere Kunden zu haben. Mit diesem Anspruch bin ich auch in das Unternehmen gegangen. Wir haben immer gesagt, dass wir ein Unternehmen sind, das aus den Produktgruppen Software, Hardware und Services ein System zusammenstellen muss, das den entsprechenden Zielgruppen entspricht. Unsere Zielgruppen sind dabei sehr unterschiedlich: Das sind klassische Studios, Physiotherapiepraxen, medizinische Einrichtungen, Hotels oder Firmen. Einer unserer ersten Schritte war, eine neue Geräteserie mit einem komplett neuen Anspruch zu entwickeln. Das war schon damals als Distributor eine meiner Forderungen: eine neue, moderne Geräteserie zu entwickeln, die uns noch mehr Möglichkeiten gibt, einfaches, sicheres und effizientes Training anbieten zu können. Aber vor allem im Bereich der Digitalisierung ist uns les gelungen. Manches ging mir jedoch nicht schnell genug. Ich bin mit der Zeit aber auch geduldiger geworden. Mit der milon CARE haben wir das Hirn unseres Systems entwickelt, wir haben Applikationen wie milon ME für die Endkunden oder milon Cockpit, das Steuerungstool für die Betreiber, hervorgebracht.
body LIFE: Du sprichst das Thema „Digitalisierung“ an, eines, das dir sehr wichtig ist.
Udo Münster: Es war für mich eine Riesenherausforderung, mich in diese digitale Welt hineinzudenken, aber gleichzeitig konnte ich mich so auch in viele unserer Kunden hineinversetzen und empfinden, wie es ihnen dabei geht. Für mich war immer klar, dass eine vernetzte Trainingsfläche für die Arbeitsabläufe in einem Studio von massivem Vorteil ist. Die Frage beim Thema „Digitalisierung“ war letztendlich: Welche Leistungen können wir hier bieten, die auch im Markt entsprechende Vorteile bringen – sowohl den Betreibern, den Trainern als auch den Endkunden. Die Digitalisierung gibt uns die Möglichkeit, über Module, wie bspw. den Co-Trainer innerhalb der milon Care, dem Trainer, aber auch dem Trainierenden auf Basis ihrer eigenen, selbst erbrachten Daten Informationen zuzuspielen, damit sich das Training für sie verbessert. Das geht über das reine vernetzte Trainingssystem hinaus und ich glaube, es ist uns in den letzten Monaten auch gelungen, aufzuzeigen, wohin sich das Ganze entwickelt. Nämlich dahin, dass der Endkunde selbst erbrachte Daten von milon zur Verfügung gestellt bekommt, mit denen dieser künftig Vorteile haben wird – ob das die Zielerreichung ist, die Unterstützung über den Arbeitgeber, eine Versicherung oder eine Krankenkasse etc., hier gibt es viele Möglichkeiten.
body LIFE: Die Förderung des Nachwuchses war dir auch immer sehr wichtig, was letztlich auch im milon BOOST Award gemündet ist – oder?
Udo Münster: Zu sehen, wie sich Menschen in der beruflichen Laufbahn entwickeln, das ist spannend. Ich war irgendwann an dem Punkt, an dem ich gesagt habe: Ich bekomme noch mehr Glaubwürdigkeit und Kompetenz in unserem Markt, wenn ich selbst Betreiber bin, und habe mich deswegen entschieden, 2013 das erste und 2015 das zweite Studio zu eröffnen. Dabei habe ich extrem viel gelernt. Das Ganze war auch stark vom Thema „Microstudio“ begleitet. Wir machen Microstudios mit dem Anspruch von hoher Nachhaltigkeit, um neue Zielgruppen zu schaffen. Uns geht es, vereinfacht gesagt, darum, nicht diese 10 Prozent anzusprechen, die bereits eine Mitgliedschaft haben, sonst wandern diese nur von A nach B, sondern die restlichen 90 Prozent, die auch alle wissen, dass sie was tun sollten. Auf diesem Weg mit Menschen zusammenzuarbeiten, die den Antrieb haben, selbst etwas auf die Beine stellen zu wollen, und dieses dann auch zu fördern, ist das Beste, was einem passieren kann, und eine wunderschöne Aufgabe.
body LIFE: Als Kenner der Fitnessbranche: Wie siehst du den Status quo, wie könnte sich die Branche entwickeln?
Udo Münster: Mit den Microstudios ist momentan eine globale Entwicklung zu erkennen. Elektronisch gesteuertes Zirkeltraining, was früher für ein deutsches Phänomen gehalten wurde, findet auch einen immer größeren Zugang. Ich glaube, dass wir in den nächsten fünf bis zehn Jahren noch weitere Anbieter in diesem Produktbereich sehen werden. Ich kann mir vorstellen, dass das Namen sind, die wir heute noch gar nicht kennen. Es wird auch spannend sein zu sehen, was denn die ganz großen Player außerhalb unserer Branche, wie Google, Apple, Microsoft oder Amazon, mit diesem Thema machen. Wir haben in Deutschland aber auch einen Markt, der durchaus anders strukturiert ist als in anderen europäischen Ländern. Es gibt immer noch sehr viele inhabergeführte Studios, wovon manche schon lange und auch erfolgreich in der Branche sind. Wie werden hier Nachfolgeregelungen geklärt? Werden neue Strukturen, Ketten entstehen? Ich hätte eine Prognose, aber ich gebe sie nicht ab.
body LIFE: Zum Schluss die Frage, die uns natürlich unter den Nägeln brennt: Wie geht es für dich weiter?
Udo Münster: Ich werde milon in den unterschiedlichsten Formen treu bleiben – als Kunde, in einem Beirat, in einem Beratungsmandat. Die Entscheidung, damals zu miha zu gehen – ohne eine Sicherheit, komplett aus dem Blauen –, das war die reine Faszination für einen Systemanbieter. Da sind Emotionen dabei. Ich verdanke dem Unternehmen sehr viel, weil ich noch mal in eine vollkommen neue Branche gekommen bin. Ich bin seit 38 Jahren am Vollgasgeben. Ich freue mich, dass ich gesund bin. Aber eine operative Führungsrolle möchte ich in Zukunft nicht mehr übernehmen. Ich möchte begleiten. Rund zehn Jahre habe ich mich jetzt um Microstudio- Konzepte gekümmert – das ist ein Thema, das ich sicher weiterverfolgen werde. Wie genau, ist aber noch nicht geklärt. Ich werde jetzt erst mal durchatmen und mir im April das Treiben auf dem milon-FIBO-Stand in Ruhe als Außenstehender anschauen.
body LIFE: Lieber Udo, vielen Dank für das Interview und die Zusammenarbeit in den vergangenen Jahren. Wir wünschen dir alles Gute.
Foto: milon industries GmbH