Gaming gets physical
Wie Fitnessstudios von E-Sportlern profitieren können
Der E-Sport stößt mancherorts auf Widerstände. Welche Dimension der E-Sport aber mittlerweile angenommen hat, zeigt das Beispiel von SK Gaming. Die E-Sport-Organisation hat sich einen gesellschaftlichen Auftrag erteilt.
Auch wenn es oft kolportiert wird: Der E-Sport ist keine gänzlich neue Erscheinung, wie das Beispiel der E-Sport-Organisation SK Gaming zeigt. Bereits 1997 wurde die Organisation gegründet und ist mittlerweile eines der ältesten und mit über 60 gewonnenen Meistertiteln auch eines der erfolgreichsten Teams der Branche. Aktuell ist die Kölner E-Sport-Organisation u. a. in Games wie „League of Legends“, und „FIFA“ vertreten.
Zunehmendes Interesse
Das Interesse und die Nachfrage nach E-Sport wird daran deutlich, dass laut einer Online-Umfrage von YouGov im Jahr 2017 über vier Millionen Deutsche an E-Sport-Turnieren und -Ligen teilgenommen haben. Tendenz: steigend. Doch nicht nur die Anzahl an Spielern, auch das Interesse an potenziellen Partnern und Sponsoren nimmt zu. Welche Anziehungskraft diese Branche mittlerweile hat, wird an SK Gaming deutlich. Der Automobilhersteller Mercedes Benz hat sich Anteile an SK Gaming gesichert – die weiteren Anteile gehören dem 1. FC Köln sowie Alexander Müller, dem CEO des Unternehmens. Darüber hinaus verfügt das Team u. a. über Sponsoren wie die Telekom und die ARAG Versicherungen, sowie Matrix als „Offizieller Fitnessgeräte Partner“. Aus diesem Grund sieht Alexander Müller Berichten und Studien, wie zuletzt einer Erhebung des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), dass E-Sport kein Sport sei, gelassen entgegen. „Ob wir Sport oder kein Sport sind, das entscheidet meiner Ansicht nach nicht ein Gutachten, sondern die Gesellschaft“, so der CEO. Die E-Sport- Organisation ist sich bewusst, dass der E-Sport an sich heute noch für viele etwas Unbekanntes ist, doch aus diesem Grund ist SK Gaming gewillt, in Zusammenarbeit mit dessen Partnern Aufklärungsarbeit zu leisten. „Wir wollen nicht in die Diskussion mit Menschen, Parteien oder Verbänden eintreten, von denen wir wissen, dass es denen mehr um das Eigeninteresse denn um das gesellschaftliche Interesse geht. Deswegen glaube ich, dass wir in ein paar Jahren nicht mehr darüber diskutieren werden, ob E-Sport nun Sport ist oder nicht.“
Rundumbetreuung
Dass E-Sport mittlerweile mehr ist als stupides Computer- oder Konsolenspielen, verdeutlicht das neue Leistungszentrum von SK Gaming in Köln. „Mit dem Wachstum im Markt mussten wir irgendwann überlegen, wie das Leben eines Gamers tatsächlich aussieht und wie es vielleicht aussehen könnte“, berichtet Alexander Müller die Intention eines eigenen Leistungszentrums. So stieß Alexander Müller auf Yann-Benjamin Kugel, den ehemaligen Athletiktrainer des 1. FC Köln und der deutschen Fußballnationalmannschaft. „Wir haben Alexander unser Konzept ‚Performance Management‘ vorgestellt, also die professionelle Betreuung hinsichtlich Ernährung, Athletik und Fitness. Wir kamen schnell zusammen und so werden die Jungs bei allem, was neben dem Gaming geschieht, von uns betreut“, sagt Kugel. Das Spielen vor 15 000 Zuschauern auf der Bühne einer Arena oder gar 30 Millionen vor dem Stream erfordert viel Stressresistenz. „Das, was in diesem Moment bei den Spielern vorgeht, ist genau das Gleiche wie bei einem Fußballer beim Elfmeterschießen“, sagt Alexander Müller. So könne der Fußballer den Stress während des Spiels abbauen, die Gamer wiederum nicht. Aus diesem Grund sah SK Gaming hier ein großes Vakuum. „Es geht schlichtweg darum, bei den Spielern eine Konzentrationsmaximierung zu erwirken und auf der anderen Seite die Regeneration zu fördern“, berichtet der Athletiktrainer.
Die Ausstattung des Gyms
In dem neuen Leistungszentrum in Köln verfügen die Spieler über beste Voraussetzungen, um ihre Performance zu steigern. Von einer Küche über ausreichend Trainingsplätze, eine Regenerations-Area, einen Analysebereich und eine Außenanlage bis hin zu einem kleinen Gym ist hier alles zu finden. Letzteres wurde von Matrix ausgestattet; diese Verbindung wiederum stellte Yann-Benjamin Kugel her, der mit Matrix Account Manager Volker Lichte schon öfter zusammenarbeitete. „Ich war gerade auf dem Weg ins Trainingslager der U-21, als mich Benjamin anrief und fragte, ob ich mir vorstellen könnte, gemeinsam mit ihm im E-Sport aktiv zu werden“, sagt Volker Lichte. Das sei ihm zunächst völlig fremd gewesen, doch die Philosophie von SK Gaming, neben dem Gaming auch auf die körperliche Fitness zu setzen, überzeugte Lichte. Das Gym ist nach den Wünschen von Athletiktrainer Kugel ausgestattet worden. „Wir haben die Basics geliefert, die ansonsten auch in den Fitnesszelten der Nationalmannschaften platziert sind. Einem Rack für die Basis-Kraftübungen mit entsprechenden Gewichten, sowie Cardiogeräte mit Laufband, Crosstrainer und einem Indoor- Cycling-Bike. Geügend freie Fläche für funktionelle Übungen runden das ganze ab“, erzählt Volker Lichte. E-Sportler seien aufgrund ihrer Haltung anfällig für Unterarmproblematiken, chronische Schulterprobleme sowie Nacken- und Rückenprobleme, erzählt der Athletiktrainer. „Zu Beginn haben wir ein Screening mit den Gamern absolviert, um die koordinativen Fähigkeiten zu überprüfen und Dysbalancen festzustellen. Im Anschluss haben wir individuelle Trainingspläne erstellt, nach denen die E-Sportler trainieren. Die Matrix-Geräte bieten dabei optimale Möglichkeiten zur Unterstützung der digitalen Trainingssteuerung und -Kontrolle“, erklärt Kugel.
Der Trainingstag
Die Spieler kommen morgens in das Leistungszentrum und nehmen ein individuell zusammengestelltes Frühstück zu sich, um den Blutzuckerspiegel über einen gewissen Zeitraum oben zu halten. Wenn dieser abnimmt, folgen Müdigkeit und Konzentrationsschwäche. Nach dem Frühstück haben die Gamer ihre erste Trainingseinheit – klassisch mit einem Trainer und Analysten –, bevor die Regenerationsphase beginnt. Hier steht es den Sportlern frei, ob sie im Studio trainieren, sich an der frischen Luft aufhalten oder auf Massagesessel entspannen. Nach dem Mittagessen folgt eine weitere Trainingseinheit, daran anschließend kann alternativ noch ein Workout folgen oder die Spieler dürfen nach Hause. „Im Idealfall schlafen die Jungs nach so einem Tag optimal, denn das ist die beste Regeneration. Der Tagesablauf ist mit dem eines herkömmlichen Profisportlers vergleichbar“, sagt Yann-Benjamin Kugel.
Wie Clubs profitieren können
„Für die Studios sind die E-Sportler eine total spannende Zielgruppe“, ist der Athletiktrainer überzeugt. Die Gamer sind Vorbilder und haben enorm viele Nachahmer, die wiederum mit Inhalten über die sozialen Medien an deren Leben teilhaben können. Sehen diese, dass die E-Sportler zur Förderung der Gesundheit bzw. der Prävention im Fitnessstudio trainieren, dann würde das auch die E-Sport-Fans dazu animieren, Sport zu machen. „Die Menschen müssen verstehen, dass zum Zocken auch eine ausgewogene Ernährung und ein gewisses sportliches Programm gehören, und hierbei können Fitnessstudios helfen. Genau das ist der soziale Auftrag, den wir haben“, so Athletiktrainer Yann-Benjamin Kugel. Gaming ist mittlerweile ein Teil der Lebens- bzw. Sportkultur. SK Gaming macht indes deutlich, dass sie keine Konkurrenz zum klassischen Sport sein möchten – im Gegenteil; jeder habe seine Berechtigung. „Es geht um die Botschaft, sozial und fit zu sein, sich ausgewogen zu ernähren, dann kann auch jeder in einem gesunden Maße zocken“, ist Alexander Müller überzeugt.
Max Fischer
Fotos: SK Gaming, body LIFE