Mitglieder-Check-up
Die Basis für eine kompetente Betreuung
Neben dem Eingangsgespräch mit Ihren Neukunden sollte ein sinnvoller und regelmäßiger Check-up den Grundstein für eine nachhaltige und professionelle Fitnessdienstleistung legen. Doch was und vor allem wie sollte in Fitness- oder Microstudios getestet werden?
Der klassische Eingangstest sollte nicht mit einer umfangreichen Leistungsdiagnostik verwechselt werden; diese muss ein Fitnessstudio auch nicht unbedingt anbieten – es könnte damit aber vielleicht ein Spezialisierungs- bzw. Differenzierungsmerkmal für die Zukunft anstreben. Ein guter Eingangstest plus Eingangsgespräch ist in 15 bis 30 Minuten durchgeführt und ermöglicht die Gewinnung verschiedenster Testindikatoren, die bei Re- Checks als Verlaufsindikatoren oder Zielkontrolle dienen. Diese regelmäßig (z. B. alle drei Monate) durchgeführten Re-Checks sind die effektivsten Motivationsimpulse für die vom Kunden selbst gesetzten Trainingsziele und ein Highlight in der Betreuung. Natürlich bilden die verschiedenen Testergebnisse erst die Grundlage für eine tatsächlich zielführende Trainingsplanung. Der Markt der Discountanbieter wird vermutlich weiter zulegen oder sich durch die Coronasituation noch stärker in Richtung Discount verschieben. Wer sich hier also nicht klar anders positioniert, wird sich einem rein über den Preis definierten Verdrängungswettbewerb aussetzen. Das wichtigste Differenzierungsmerkmal des Premiumsegments gegenüber den Discountern ist und bleibt eine individuelle und ehrliche Betreuung; daher ist der Check-up ein Must-have. Denn wie sollen Mitglieder individuell betreut werden, wenn der Bedarf nicht bekannt ist?
Kunde statt Geräte in den Mittelpunkt stellen
Entscheidend bei der Mitgliederbetreuung ist immer ein gutes Gesamtkonzept: Wie sieht mein Erstgespräch aus? Welche Informationen brauche ich vom Mitglied? Was teste ich beim Eingangscheck? In welchen Intervallen biete ich Erfolgskontrollen bzw. Re-Checks an? Wie gestalte ich die Trainingsplanung und wie individuell sind die Pläne? Welche weiteren Betreuungs-Highlights biete ich an? Wie oft habe ich Kontakt zum Mitglied? Wie nutzen meine Mitglieder mein Angebot optimal?
Sie sollten also nicht nur viele Informationen über das Mitglied sammeln, sondern diese auch digital aufbereiten und dem Kunden, abgestimmt auf die optimale Zielerreichung, zur Verfügung stellen. So weit, so gut. Leider stellen aber die meisten Angebote im Bereich „Testing“ ein bestimmtes Produkt bzw. eine Trainingshardware in den Mittelpunkt. Überspitzt ausgedrückt, wird hier der Kunde ans Gerät angepasst. Grundsätzlich sollte aber stets der Kunde mit seinen Zielen im Mittelpunkt allen Handelns stehen. Fitnessund Gesundheitsdienstleister sollten daher ihren Fokus stets darauf legen, den Kunden mit seinen Bedürfnissen, Stärken und Schwächen abzuholen und ein dazu passendes Angebot zu liefern.
Testen mit Sinn und Verstand
Testen, um zu testen, oder testen mit Sinn und Verstand? Diese grundsätzliche Frage sollte sich der Betreiber bzw. Verantwortliche im Vorfeld stellen. Beides hat eine Existenzberechtigung,Allerdings zeigt die Erfahrung, dass angeschaffte Analysetools, die nicht in ein zielführendes Betreuungskonzept eingebunden sind, vielfach keinen Gegenwert für ihre Anschaffungskosten bieten können und in der Folge häufig ungenutzt verstauben.
Ein sinnvoller Ansatz könnte sein, für die meistgenannten Trainingsziele „Gewichtsreduktion“, „Rückenprobleme“ und „allgemeine Fitnessverbesserung“ drei verschiedene Check-up-Abläufe anzubieten bzw. Betreuungsszenarien zu standardisieren. So sollte z. B. der Check-up für die Gewichtsreduktion neben den Vitalparametern und anthropometrischen Daten eine Umfangsmessung und Körperfettanalyse enthalten. Die Umfangsmessung ist eine einfache und günstige Möglichkeit, um Trainingserfolge im Bereich der Gewichtsreduktion schnell sichtbar zu machen. Darüber hinaus könnte man den Check-up mit einem Risiko-Screening für Herzinfarkt und Schlaganfall sowie einem einfachen Ausdauertest abrunden. Diese Tests sind gute Instrumente, bei denen der Trainingseinsatz schnell Resultate zeigt und sich motivierend auswirkt.
Bei einem Rücken-Check-up ist die Überprüfung des Muskelstatus sinnvoll. Fitnessstudios führen diesen eher selten durch, obwohl er durchaus eine Menge Sinn macht; gerade bei Trainierenden mit Problemen am Bewegungsapparat. Auch hier gibt es mehrere Konzepte, die man untereinander kombinieren kann. Die folgenden drei Möglichkeiten sind gute Beispiele:
- Bei einer klassischen manuellen Multifunktionsdiagnostik werden die Beweglichkeit und eventuelle Dysbalancen im Kraftbereich isoliert überprüft. Für eine aussagekräftige Reproduzierbarkeit braucht man jedoch etwas Erfahrung. Wer sich unsicher ist, kann beispielsweise einen mechanischen oder elektronischen Winkelmesser als Hilfsinstrument verwenden.
- In den letzten Jahren hat sich auch die Kombination „Functional Movement Screen“ und „Y-Balance-Test“ etabliert. Beim Functional Movement Screen gibt es sieben Übungen, die nicht isolierte Muskelpartien, sondern Funktionsketten überprüfen. Korrektive Übungen helfen dem Kunden, entsprechende Dysbalancen zu eliminieren. Das Konzept stellt ein effizientes und günstiges System dar; eine zertifizierte Schulung des Testers ist jedoch geboten.
- Bei der isometrischen Kraftmessung benötigt man ein entsprechendes Testgerät. Die Messung erfolgt für verschiedene Muskeln durch maximale Anspannung gegen einen unbeweglichen Hebelarm.
Gewinnbringender USP
Beim Trainingsziel „Verbesserung der allgemeinen Fitness“ sollte der Ausdauertest neben den Basisparametern einen etwas höheren Stellenwert bekommen. Es gibt eine Vielzahl an Möglichkeiten, um die Ausdauer- und Schwellenwerte für ein optimiertes Training zu berechnen – angefangen bei einfachen Formeln und Tests wie dem Harvard-Step- und dem weithin bekannten Coopertest, bis hin zu Stufentests wie dem PWC (Physical Working Capacity zur Testung der Leistungsfähigkeit auf dem Radergometer oder der Rolle) und dem IPN (entwickelt vom Institut für Prävention und Nachsorge in Köln als Screeningverfahren zur Beurteilung der aeroben Leistungsfähigkeit). Die klassische Laktatmessung oder auch die Atemgasanalyse vervollständigen diesen Bereich, gehen aber vielen Studios oft zu weit. Bestimmte Testformen lassen sich auch hier gut kombinieren. Anbieter von Pulsuhren rüsten ihre Produkte z. B. mit Ausdauertests aus. Als Ergänzung im Cardiobereich ist die Herzratenvariabilitäts-Messung (Stressmessung) zu nennen.
check-ups können anreize für zusatzangebote wie personal training und firmenfitness schaffen und so gewinnbringend eingesetzt werden. personal training und/oder firmenfitnessangebote stellen häufig spezielle anforderungen an einen check-up. im personal training macht es schon allein wegen der exklusivität der dienstleistung sinn, eine deutliche differenzierung im testing anzubieten, was gegebenenfalls auch neugierig macht und die attraktivität des angebots steigert.
Wird hingegen Firmenfitness (BGM/ BGF) angeboten, sollte man mit dem Auftraggeber bzw. Unternehmen klare Vorgaben für ein spezielles Testing diskutieren. Ideal wird man sein Portfolio nach den Anforderungen und Risiken der verschiedenen Arbeitsplätze und Arbeitsbereiche eines Unternehmens ausrichten. Die Fähigkeit, arbeitsplatzspezifische motorische Anforderungen, aber auch Stressfaktoren zu erkennen, geht bereits über den Basisbedarf an Screenings zur Ermittlung des Herzinfarkt-, Schlaganfall- und Diabetes-Risikos sowie einer Burn-out-Gefahr hinaus. Inhalte zum Thema „Ergonomie am Arbeitsplatz“ sollten sich hier ebenfalls im Leistungs-Portfolio befinden.
Darstellung der Ergebnisse
Um die Motivation für langfristige Bewegung zu fördern, das Verständnis des Mitglieds für die Ergebnisse der Analysen zu verbessern und die eigene professionelle und fachkundige Arbeitsweise herauszustellen, ist es sehr wichtig, dem Mitglied im Gespräch die Ergebnisse zu erläutern. Dafür müssen die Ergebnisse leicht verständlich und hochwertig dargestellt werden. Es ist unverzichtbar, dem Mitglied die Check-up-Ergebnisse verständlich aufbereitet zur Verfügung zu stellen. Auf eine professionelle und hochwertige Darstellungsform sollte man nicht verzichten. Die Integration der Daten und die Aufbereitung von Testdaten erfolgen im Idealfall in Form von Handouts und/oder über eine App. Spezialisierte Softwareanbieter können Sie hierbei unterstützen. Eine Vielzahl von Fitnessdaten, die dann automatisch in die Kundenakte zurücklaufen, können die Mitglieder per App zu Motivationszwecken auch selbst tracken. Zahlreiche Schnittstellen zu Analysegeräten aus den Bereichen Körperanalyse, Beweglichkeitsmessung, Spirometrie, Koordination und Kraftmessung stehen bei einigen Softwareanbietern sogar kostenlos zur Verfügung. Entscheidend ist, dass Ihre Betreuungsszenarien oder Belohnungssysteme durch die Software abgebildet und gesteuert werden und Schnittstellen zu diversen Verwaltungssystemen vorhanden sind. So entfällt das zeitaufwendige und fehleranfällige Nachbessern von Betreuungsabläufen.
Fazit
Eine gewisse Flexibilität im Testangebot zeichnet einen seriösen Dienstleister aus. Aussagekräftige Testergebnisse bilden die Grundlage für eine fachlich korrekte Trainingsplanung und sind nebenbei ideale Motivationshilfen. Wenn allerdings die Testergebnisse keine Auswirkung auf die Trainingsplanung haben, kann man das Testen auch lassen. Schließlich erfährt der Kunde die Verbesserung seiner Leistungsfähigkeit schon beim eigentlichen Training. Selbst der Basis-Check, der standardmäßig bei jedem Mitglied kostenlos durchgeführt wird, sollte mit seinen Ergebnissen Eingang bei der Trainingsplanung finden. Ohne Bedarfsanalyse keine seriöse Trainingsplanung!
Tino Heidötting
Tino Heidötting ist Gründer und Inhaber der Firma medo.check, die Softwarelösungen für Fitness- und Gesundheitsdienstleistungen anbietet. Darüber hinaus ist der Gesundheitsexperte und Osteopath Inhaber der Firma Lebensspielraum GmbH, einem Dienstleister für Betriebliche Gesundheitsförderung.
Fotos: medo.check; Tino Heidötting