Wertvoll oder wertlos?
Unternehmensbewertung in der Krise
Zahlreiche Unternehmen der Fitnessbranche befinden sich derzeit in einem verzweifelten Kampf gegen die Zeit. Besonders die Unternehmen, die sich nicht schon mit einem Doomsday Plan auf die seit Langem von Experten prognostizierte neue Wirtschaftskrise vorbereitet haben, hat es sprichwörtlich kalt erwischt und sie balancieren zunehmend auf des Messers Schneide.
Viele Inhaber kleiner und mittlerer Fitnessstudios sind in dieser Situation darüber entsetzt, wenn ihnen durch ihre Steuer- oder Bankberater die nüchternen Zahlen ihrer Existenz vor Augen geführt werden. Die aktuelle Bewertung des Unternehmens und seiner Kreditwürdigkeit führen nicht selten zum Schock. Würde es derzeit nicht die staatlichen Subventionen und unbürokratischen Billigkredite geben, wären die meisten in absehbarer Zeit insolvent. In der jetzigen Situation sollten Inhaber genau wissen, wie es um den realen finanziellen Wert ihres Fitness-Unternehmens steht. Oftmals überschätzen sie nicht nur diesen Wert, sondern auch ihre eigene Finanzkraft. Aus diesem Grund bleibt der Blick meist für die wesentlichste Frage versperrt: Lohnt es sich, noch mehr Energie und Ressourcen ins Unternehmen zu investieren, oder ist es besser, kein weiteres Geld zu „verbrennen“ und rechtzeitig (mit einem blauen Auge) auszusteigen?
Nettorendite im Fokus
Zur Beantwortung dieser Frage ist es unvermeidbar, den KPI (Key Performance Indicator) des Unternehmens möglichst kritisch zu bewerten. Für mich ist der wichtigste KPI die Nettorendite (kurz NR). Ich verwende diese für Fitnessstudios als Grundlage einer Unternehmensbewertung oder als Basis einer Sanierung bzw. eines Turnarounds. Mit dieser auch als Umsatzrentabilität oder Umsatzrendite bezeichneten Kennzahl lässt sich einerseits direkt erkennen, welchen Anteil bezogen auf den Umsatz der Nettogewinnanteil (kurz NGA) ausmacht. Andererseits lässt sich aus der Höhe des Prozentwertes eine Vermutung über die Handlungspotenziale des Unternehmens zur Krisenbewältigung ableiten. Zur Verdeutlichung des KPIs nehme ich mein früheres PT-Boutique-Studio als Vergleich. Mit diesem Studio habe ich eine NR von bis zu 82 Prozent erreicht. In den Presseberichten zum Branchenreport für 2019 wird von einer überdurchschnittlichen Ertragskraft gesprochen und eine NR für das Jahr 2017 mit 4,6 Prozent angegeben. Was sich auf den ersten Blick großartig anhört, entpuppt sich bei näherer Betrachtung zumindest als fragwürdige Meldung. Denn das, was nicht gesagt wurde, ist, dass die NR der Fitnessindustrie im Vergleich zum Vorjahr um 16,36 Prozent gesunken ist und damit etwa wieder dem Niveau des Jahres 2015 entspricht. Im selben Jahr hatten erschreckende 39 Prozent der Studios eine NR von unter 0,5 Prozent. Bei diesen Vergleichswerten müsste ein derartiges Studio für einen monatlichen Nettogewinn von 2.500 Euro einen Umsatz von 500.000 Euro machen. Mein Studio müsste also gerade einmal 3.048 Euro Umsatz machen. Im Vergleich zwischen einem PT-Studio mit einem Stundensatz von 80 Euro und einem Discounter mit einem Monatsbeitrag von 25 Euro hieße dies ca. 45 Betreuungsstunden im Monat im Gegensatz zu 23 800 benötigten Mitgliedern.
Den komplettem Artikel finden Sie in der aktuellen bodyLIFE Ausgabe 06/2020 oder als kostenlosen Download im STORE.
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