Wie sich Studiobetreiber in der aktuellen Lage rechtlich richtig verhalten
Julia Ruch, Anwältin für Sportrecht, Inhaberin der aktivKANZLEI und auf die Rechtsberatung von Fitnessstudios, Personal Trainern und Sportevents spezialisiert, spricht im Interview darüber, wie sich Studiobetreiber in der aktuellen Coronalage rechtlich richtig verhalten und was passieren kann, wenn die jeweiligen Corona-Schutzverordnungen nicht eingehalten werden.
body LIFE: Wann können sich Studiobetreiber auf die Ausnahmeregelung zu 2G berufen?
Julia Ruch: Die Corona-Schutzverordnungen sehen Ausnahmen für die 2G-Regelung vor. Interessant für Studios ist, dass der Sportbetrieb „für medizinisch notwendige Behandlungen“ in Sportstätten wie auch Fitnessstudios in vielen Ländern möglich bleibt. Als „medizinisch notwendige Behandlungen“ werden Dienstleistungen angesehen, die aus medizinischen Gründen erforderlich sind. Dazu zählt auch, dass ein Fitnessstudio beispielsweise für Rehabilitationssport oder physiotherapeutische Behandlungen öffnen darf.
Es reicht jedoch nicht aus, wenn das Mitglied nur ein grünes Privatrezept oder ein ärztliches Attest vorlegt. Erforderlich ist eine Genehmigung durch die Krankenkasse, z. B. Muster 56: „Antrag auf Kostenübernahme für Rehasport und Funktionstraining“.
Für Rehasport kommen dann weitere Voraussetzungen hinzu. So braucht das Studio bzw. ein beschäftigter Trainer unter anderem eine entsprechende Lizenzierung und es muss ein Arzt im Hintergrund zur Verfügung stehen, der bei Fragen beraten kann.
body LIFE: Machen sich Studiobetreiber angreifbar, wenn sie Mitgliedern den Zutritt verweigern, obwohl sie einen Vertrag haben?
Julia Ruch: Im deutschen Recht braucht es ein Verschulden. Das bedeutet, dass das Studio nur dann angreifbar ist, wenn es zumindest fahrlässig die fehlende Zutrittsmöglichkeit verschuldet hat. Da die Zutrittsverbote aufgrund des Coronavirus bzw. infolge getroffener Maßnahmen entstanden sind, trifft den Studioinhaber keine Schuld. Es handelt sich nicht um Ereignisse, die innerhalb seines Einflussbereichs liegen. Das bedeutet, dass das Zutrittsverbot auch bei anderslautenden Vertragsbedingungen oder AGB durch die Mitglieder hinzunehmen ist. Andersrum kann sich der Studioinhaber aber auch nicht auf seine AGB berufen, um die Verordnungen zu umgehen.
body LIFE: Müssen die Daten zur Kontaktnachverfolgung herausgegeben werden oder können sich Studioinhaber auf den Datenschutz berufen?
Julia Ruch: Nein, auf den Datenschutz kann man sich nicht berufen. In der Datenschutzgrundverordnung Art. 6 Abs. 1, S. 1 c DSGVO heißt es, dass die Datenverarbeitung rechtmäßig ist, wenn diese zur Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung erforderlich ist. Die Einhaltung des Infektionsschutzgesetzes bzw. der jeweiligen Länderverordnungen stellt eine solche rechtliche Verpflichtung dar, die die Datenerhebung und Speicherung notwendig macht.
Jedoch ist diese beschränkt auf Namen, Adresse und Telefonnummer. Weiter gilt eine strenge Zweckbindung, wonach die Kontakt-und Anwesenheitsdaten nicht zu anderen Zwecken als der Kontaktnachverfolgung genutzt werden dürfen. Wer die Kontaktdaten nicht erfasst bzw. auf Verlangen nicht herausgibt, riskiert ein Bußgeld, welches je nach Bundesland bei ca. 1.000 Euro liegt.
body LIFE: Was kann passieren, wenn sich Studiobetreiber nicht an die Coronaverordnungen halten?
Julia Ruch: Die Städte und Landkreise sind angehalten, stichprobenartige Kontrollen durch die Ordnungs- und Gesundheitsämter bzw. Polizei durchzuführen. Im Falle eines Verstoßes gegen die Vorgaben der Verordnungen dürfen Bußgelder und Auflagen verhängt werden.
Die Corona-Schutzverordnungen der Länder enthalten Vorgaben für Bußgelder für konkrete Verstöße. Zum Beispiel kostet es einen Studiobetreiber in Bayern 5.000 Euro, wenn er Unberechtigten Zutritt zum Studio gewährt, wenn diese nicht die Voraussetzungen des 2G-Optionsmodells erfüllen. Kurz gesagt, er kassiert ein Bußgeld, wenn er Ungeimpfte oder Nichtgenesene bei sich trainieren lässt.
Wer sich weigert, die Kontakte der Mitglieder zu erfassen bzw. herauszugeben, muss in Bayern mit einem Bußgeld von 1.000 Euro rechnen.
Ein Mitglied, welches ohne erforderlichen Impf-, Genesenen- oder Testnachweis das Studio betritt bzw. dort trainiert, riskiert ein Bußgeld von 250 Euro.
Wer sich wiederholt nicht an die Vorgaben der Corona-Schutzverordnungen hält, muss ebenfalls damit rechnen, dass ihm vorübergehend oder dauerhaft verboten wird, das Studio nach dem 2G-Optionsmodell zu betreiben, sprich das Studio geschlossen wird.
body LIFE: Kann bei einer Kontrolle die Aussage verweigert werden?
Julia Ruch: Die Polizei hat aufgrund von Corona nicht mehr Rechte. Bei einer Kontrolle dürfen zwar Belehrungen ausgesprochen, Bußgelder verhängt und Strafanzeigen gestellt werden, aber vorrangig wird erst mal die Identität festgestellt. Bei einer Kontrolle muss man also seine Personalien herausgeben – weitere Fragen müssen jedoch nicht beantwortet werden.
body LIFE: Kann der Polizei der Zutritt zum Studio verweigert werden?
Julia Ruch: Bei einer polizeilichen Kontrolle muss man unterscheiden, warum die Polizei tätig wird. Agiert sie präventiv, also zur Abwehr drohender Gefahren, oder repressiv, also zur Verfolgung einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit?
Handelt die Polizei rein präventiv, darf sie das Studio nur bei Vorliegen einer dringenden Gefahr betreten. Allerdings wird in Art. 13 Abs. 7 GG die Seuchengefahr als dringende Gefahr genannt, womit auch die Coronapandemie darunterfällt.
Allerdings dürfte die Annahme einer dringenden Gefahr aufgrund des Coronavirus nur dann vertretbar sein, wenn die Polizei konkrete Hinweise hat, dass sich unter den anwesenden Mitgliedern eine infizierte Person befindet. Ist dies nicht der Fall, wird die Polizei ein Betreten des Studios zur Gefahrenabwehr nicht ausreichend begründen können. Die bloße hypothetische Möglichkeit einer Infektionsgefahr ist nicht ausreichend.
Wenn die Polizei repressiv handelt, so ist das Betreten des Studios eine Durchsuchung. Zu einer solchen Durchsuchung ist die Polizei nur berechtigt, wenn Studiobetreiber es erlauben, aufgrund einer richterlichen Anordnung oder bei Vorliegen von Gefahr im Verzug. Sofern die Beamten das Studio also betreten wollen, obwohl der Betreiber dies nicht erlaubt hat, muss er nach einer richterlichen Anordnung bzw. einer Begründung für Gefahr im Verzug fragen. Drängen die Beamten trotzdem darauf, das Studio zu betreten, sollten er dies zulassen. Es ist nicht ratsam, die Polizisten durch Leistung von Widerstand am Betreten des Studios zu hindern. Die Gefahr eines zusätzlichen Strafverfahrens ist zu hoch. Der Studiobetreiber sollte die Maßnahme hinnehmen und sich Namen und Dienstnummer der Beamten notieren. Im Anschluss sollte der Studioinhaber einen Anwalt kontaktieren. Dieser wird versuchen, das Betreten im Nachhinein durch geeignete Rechtsmittel anzugreifen.