Die Selbstvermarktung
Das Geheimnis des Erfolgs
Was macht einen erfolgreichen Unternehmer, Trainer oder Coach aus? Was zeichnet ihn aus? Und warum macht es Sinn, seine (potenziellen) Kunden weniger über die Zugehörigkeit zu einer Zielgruppe als vielmehr über ihren Lebensstil zu definieren? Marc Rohde gibt Antworten.
Eines zeigen aktuelle Studien zum Thema „Zielgruppen“ klar: In Zielgruppen zu denken macht in hyperindividualisierten Zeiten keinen Sinn mehr. Das Erfassen der Kunden in Lebensstilen jedoch stellt die optimale Ergänzung zum klassischen Zielgruppendenken dar. Da dieses Magazin diversen Berufsfeldern zur Verfügung steht, werden die Tipps allgemeingültig formuliert. Ich werde im Folgenden von Trainern und Kunden sprechen. Diese können jedoch sowohl im B2B- als auch im B2C-Bereich angesiedelt sein.
Das Trainer-Selbstbildnis
Ein jeder von uns kennt Trainer oder Dozenten, die einen so begeistern, dass man gern ihr wertvolles Wissen annimmt und von ihnen lernt. Diese Menschen haben in der Regel eines gemeinsam: ein gestärktes Selbstbewusstsein. Denn die Persönlichkeit eines Menschen drückt sich in seinem Selbstbild aus. Ein geschwächtes Selbstvertrauen oder ein aus der Kindheit übernommenes Liebesdefizit überträgt sich häufig in das Erwachsenenalter. Das „Ich bin nicht okay“-Gefühl des Unterbewusstseins wird in Form von Körpersprache, Stimmführung und -farbe sowie neurotischem Verhalten wahrgenommen. Gerade das neurotische Verhalten zeigt (besonders im Trainerbusiness) zwei Ausprägungen:
- eine mimosenhafte Empfindlichkeit, wenn es darum geht, die Kompetenz oder Richtigkeit der Aussagen zu belegen, und
- Kompensationsversuche; hier wird versucht, mit Angeberei (Muskelberge, Kraftwerte) seine Minderwertigkeitsgefühle zu kompensieren.
Diese Ausprägungen sind besonders auffällig bei Coaches und Trainern, die mit dem Ich-bin-nicht-gut-genug-Gefühl aufgewachsen sind. Entweder präsentieren sie sich und ihren Körper auf selbstdarstellerische Weise und untermauern mit angeberischen Superlativen ihre Unsicherheiten oder sie wenden sich von sich selbst ab und werfen einen überkritischen Blick auf ihre Kunden/Sportler, indem sie die Übungsausführungen, die Ernährungspläne und/oder Lebenseinstellungen extrem kritisch bewerten.
Einstellungssache
Ein Coach oder Trainer, der für seine Berufung menschlich wie fachlich bereit ist, wird seinen Kunden/Sportler immer aufbauen und entwickeln, anstatt ihn zu schwächen. Dies bedeutet auch, kritisch die Leistung zu hinterfragen und die genutzten Werkzeuge anzupassen – allerdings bedeutet es nicht, die Fehler ausschließlich beim Kunden zu suchen oder diesen in seiner Selbstwirksamkeit zu beschneiden.
Gerade im Profisport ist es zudem ersichtlich, dass ein Großteil der Arbeit erfolgreicher Coaches die Entwicklung der Selbstwirksamkeit und die Stärkung des Selbstbewusstseins der Sportler ausmacht. Profisportler sind in vielen Fällen mit einer sehr guten Technik ausgestattet. Das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten zu entwickeln, ist die Aufgabe des Coaches.
Kritische Selbstreflexion
Ein Trainer ist zuvorderst Hauptverantwortlicher für seine eigene Psyche, die sich in allen Handlungsweisen und auf allen Handlungsebenen beweisen muss. Neben der Verpflichtung, sich nicht nur ständig fachlich fortzubilden, sollte er stets sich selbst und sein Wissen auf den Prüfstand stellen, um offen für neue Impulse, Trends und Weiterentwicklungen zu sein. Dies wäre dann ein offener Umgang mit seiner eigenen Transformation. Ein Trainer, der mit diesem Mindset ausgestattet ist, wird anderen Schülern/Studenten die von ihm ausgesprochenen Thesen und Techniken gut und verständlich übermitteln können.
Auch wenn ich an dieser Stelle das Pferd von hinten aufzäume, so startet dieser Prozess mit der Gabe der Selbstbeobachtung. Die Kenntnis über das eigene Ich zu erlangen, ist ein erstrebenswerter Prozess, der im Nachhinein ein solides Fundament für die Selbstvermarktung bildet. In diversen Business- Coachings mit Trainern zum Thema „Was ist meine Dienstleistung?“, „Womit möchte ich Kunden gewinnen?“, „Was macht mich aus?“ geraten die Coaches häufig in schwierige Situationen, wenn sie mit sich selbst konfrontiert werden. Über die eigenen Stärken und Schwächen im Bilde zu sein, ist der erste Schritt zum Erfolg.
Ich möchte jedem Selbstständigen dazu raten, einen Coach oder Berater zu konsultieren und sich besonders in der frühen Phase immer wieder zu hinterfragen, was genau die Werte und Grundlagen sind, auf denen das Tun und Handeln begründet sein soll.
Das Unterbewusstsein
Viele Menschen agieren nach Erlangung ihrer fachlichen Kompetenz im späteren Berufsleben eher intuitiv. In diesen Momenten greifen wir häufig auf das Unterbewusstsein als Kompetenz zurück. Gerade dann ist es umso wichtiger, mit seinen inneren Werten verbunden zu sein. Da die intuitiven Handlungen ein Prozess des Unterbewusstseins sind, geben wir die Kontrolle auf der emotionalen Ebene an. So weit, so gut. In einer Extremsituation jedoch kann uns dies vor Probleme stellen:Stellen wir uns einen Menschen vor, der nicht mit seinen Werten und Wurzeln verbunden ist. Sein Wirken und sein Handeln sind solide und souverän, solange er keinen Stress erfährt. Eine Stresssituation kann nun einen unkontrollierten Moment hervorrufen, der die eigentliche Persönlichkeit des Trainers ans Tageslicht bringt.
Authentizität
In dieser Phase entscheidet die tiefe Verankerung mit unseren nach außen präsentierten Werten über unsere Authentizität. Je größer die Verbundenheit mit den Werten ist, desto authentischer wird die Reaktion sein, die die Menschen von uns erwarten. Je deckungsgleicher diese beiden Emotionen sind, desto selbstbewusster und stärker ist unsere Ausstrahlung und Überzeugungskraft gegenüber unseren Kunden. Dies ist die Basis einer gesunden und in sich gewachsenen Kraft, die der späteren Basis einer erfolgreichen Selbstvermarktung dient.
Zielgruppe ≠ Lebensstil
Jeder Marketingfachmann hat in den vergangenen Jahren in die Hände geklatscht, wenn er die zu erreichenden Kunden in eine Zielgruppe einordnen konnte. Das Erstellen von präzisen Ansprachen und ansprechenden Grafiken und Farben, die der Zielgruppe entsprechen, war ein Leichtes. Spezialisten, die sich mit dem Herausarbeiten von Bedürfnissen auseinandersetzen, haben herausgefunden, dass die Definition der klassischen Zielgruppe nicht immer die beste Wahl ist.
Die Alternative heißt: Lebensstil- Definition. Es ist mitunter leichter, Gemeinschaften zu definieren, deren Mitglieder einen Lebensstil teilen, und so herauszufinden, was ihre Bedürfnisse sind. Um dies zu verdeutlichen, möchte ich als Beispiel zwei Personen einer Zielgruppe anführen, die mit großer Wahrscheinlichkeit nicht einmal ansatzweise denselben Lebensstil pflegen.
Profil: Beide sind in UK geboren, geschieden und wieder verheiratet, haben erwachsene Kinder, ein beträchtliches Vermögen und sind populäre Personen. Soziodemografisch betrachtet, müssten beide sehr ähnliche Menschen sein. Sie sind es aber keineswegs: Der eine ist Prinz Charles und der zweite der Rocker Ozzy Osbourne.
Auch wenn man in diesen Zeiten sehr gerne Gemeinsamkeiten über statistische Zusammenhänge herstellen möchte, so reicht dies bei Weitem nicht aus, wie dieses Paradebeispiel zeigt. Menschen, die viel Geld besitzen, müssen weder die gleiche Herkunft besitzen noch dieselbe Ethnie oder Sexualität haben. Rapper, Sportler oder Buchautoren können jung, alt, verschiedenen Geschlechts sein oder eben eine Designerjeans mit einem Discountershirt kombinieren. Es gibt die klassische Zielgruppe sicherlich in einigen Bereichen noch, aber die Definition von Kunden in dem extrem lifestylishen Produkt Fitness fällt leichter, wenn man aus der klassischen Zielgruppe die Unterscheidung in Lebensstile vornimmt.
Die neuen Zielgruppen
Viele Marketer versuchen gar nicht mehr, den Menschen in seiner Gänze zu betrachten, sondern „zerschnippeln“ das Leben in einzelne Bereiche und schauen noch präziser auf die Verhaltensweisen. Übertragen wir das auf die Fitnessindustrie. Eine Zielgruppe nach Preissensibilität zu definieren, ist nahezu unmöglich. Einzig im absoluten Premium-High-End oder Discounter finden wir diese Polarität noch vor.
Macht es also Sinn, die Lebensstile seiner Kunden zu kennen und zu analysieren? Ganz klar: ja. Um nach wie vor gezielt mit einer Dienstleistung oder einem Service zu begeistern und Bedürfnisse und Wünsche des Kunden zu decken, müssen wir präziser bestimmen, wer unser Kunde ist. Denn es gibt einen wesentlichen Unterschied: Ein Phänomen unserer Zeit ist, dass es sich bei den meisten heutigen Gruppierungen nur um Gemeinschaften auf Zeit handelt. Ehemalige Zugehörigkeiten wie im Kegelclub, Sparverein oder Fußballclub haben sich drastisch verändert. Zugehörigkeiten werden aufgrund von Trends und des digitalen Wandels der Gesellschaft schneller angepasst und verändert als jemals zuvor.
Der drastische Unterschied
In einer vergangenen Zeitepoche hat die soziale Herkunft noch über die Zugehörigkeit zu einer Gesellschaftsschicht entschieden. Im Gegensatz zum Lebensstil. Dieser ist von jedem Menschen frei gewählt und Ausdruck der Freiheit des Individuums. Dazu gehört natürlich ein gewisser Grad an Wohlstand. Ohne finanzielle Gestaltungsmöglichkeiten kann keine selbstbestimmte Lebensgestaltung vorgenommen oder kultiviert werden. Man kann also davon ausgehen, dass bei einem Preisgefüge zwischen 20 und 90 Euro pro Monat diverse Zielgruppen vorhanden sind. U. a. eine Gruppe Menschen, die viel Geld besitzt, Wert auf Lifestyle legt, eine hohe Markenaffinität hat – und wiederum andere Gruppen, die mit niedrigem Einkommen und wenig Luxus die Mitgliedschaft im selben Gym besitzen. Über die Preissensibilität ist die Zielgruppe also heute in dem Segment nicht mehr besonders lupenrein zu sezieren.
Business-Lifehack
Um Ihre Produkte (Kursangebote, Services, Upsells) zu platzieren, sollten Sie davon absehen, ausschließlich grob die Bedürfnisse Ihrer Mitglieder zu kennen. Um in der jetzt kommenden Zeit zu bestehen, wird es noch wichtiger sein, die Details zu beachten und noch spitzer in der Ansprache zu sein. Die Kunden von heute sind es schon durch den digitalen Wandel (Apps) gewohnt, absolut gezielt auf ihre Wünsche angesprochen zu werden. Um dies aus dem Digitalen ins Analoge zu übertragen, rate ich Ihnen: Observieren Sie ihre Art zu leben, kennen Sie ihre Wünsche und Bedürfnisse, lernen Sie ihre Ängste kennen, informieren Sie sich über ihren Lebenswandel und ihre Vorbilder.
Fazit
Zwei Faktoren entscheiden darüber, ob Sie als Trainer oder Coach erfolgreich sind oder nicht: Ihre Persönlichkeit und der richtige Fokus auf die potenziellen Kunden. Je intensiver Sie sich mit der Entwicklung Ihrer eigenen Persönlichkeit beschäftigen und je mehr Sie sich für Ihre Kunden interessieren, umso erfolgreicher matchen Ihre Angebote auch beim Kunden. Eine persönliche Anmerkung meines Mentors Keith Smith sei erlaubt: „Wenn du wirklich daran interessiert bist, was deinen Kunden guttut, dann wirst du wahrscheinlich alles richtig machen.“
Marc Rohde
Marc Rohde
ist Coach und Inhaber von Elbsprint | Urban Training. Coaching. Consulting. und des TRACK GYM in Hamburg.
www.elbsprint.de
www.boutique-gym.de
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