Go Green
Nachhaltiges Trainingsequipment
Die Klimakrise bringt neue Ideen hervor, wie das Training nachhaltiger werden kann. Elektrische Trainingsgeräte sind verpönt, es sei denn, sie liefern Strom, statt ihn zu verbrauchen. Wer seine Fitnessanlage heute nachhaltig gestalten will, braucht für das Training plastikfreie Kleingeräte aus natürlichen Materialien, die fair produziert wurden. Welche Möglichkeiten gibt es und was ist bei der Auswahl zu beachten?
Spätestens seit der Flutkatastrophe im Juli 2021 ist der Klimawandel in Deutschland nicht mehr zu leugnen. Ideen, wie nachhaltig mit Ressourcen umgegangen und klimaneutral trainiert werden kann, sind geausfragt. Neben dem Energie- und Wasserverbrauch sind die Emissionen und die Vermeidung von Abfall besondere Faktoren, die von Clubbetreibern überdacht werden sollten. Bezogen auf das Klima, kann man auf erneuerbare Energien und Ökostrom setzen oder den Strom gleich selbst erzeugen. Zudem geht es bei der Vermeidung von Müll besonders um den Verzicht auf Plastik, den Einsatz ressourcenschonender, nachhaltiger Materialien sowie fair und nachhaltig produzierter Erzeugnisse. Nicht nur die junge Generation verlangt nach neuen Konzepten, die solche Ziele umsetzen.
Nachhaltige Cardiogeräte ohne Stromkabel
Die in großen Fitnessstudios aufgestellten elektrischen Laufbänder, Fahrradergometer, Rudergeräte und Crosstrainer verbrauchen eine Menge Strom, was in Zeiten des Klimawandels ein ernst zu nehmender Nachteil ist. Heute gibt es Modelle unterschiedlicher Hersteller nicht mehr nur mit, sondern auch ohne Motor. In ökologisch orientierten Studios werden deshalb mechanische Laufbänder, Rudergeräte und Fahrradergometer eingesetzt, die ohne Netzteil auskommen. Sie verbrauchen keinen Strom und bestechen durch ihre niedrige CO2-Bilanz. Nicht nur die Energiekosten sinken dadurch. Da die Geräte keinen Motor haben, sind sie wartungsarm und langlebig; das spart Wartungskosten. Und ihre Langlebigkeit trägt dazu bei, Ressourcen zu schonen. Es gibt aber auch Geräte, die keinen Strom verbrauchen, sondern sogar Strom erzeugen.
Laufend und strampelnd Strom erzeugen
Ein Vorreiter in Sachen Stromgewinnung durch Nutzung von Bewegungsenergie ist René Eick. Er ist Geschäftsführer von Europas erstem grünen Fitnessclub. Seit Oktober 2009 wird in seinem „greengymberlin“ in Prenzlauer Berg die Bewegungsenergie laufender und strampelnder Mitglieder genutzt, um an Crosstrainern und Ergometern das eigene Smartphone oder Tablet zu laden. „Beim Strampeln auf einem Ergometer können Mitglieder bis zu 80 Wattstunden erzeugen“, sagt René Eick.
Unter dem Motto „Spin it back“ wird im „Terra Hale“ in London die von Kunden in Cycling-Kursen erzeugte Bewegungsenergie in das hausinterne Stromnetz eingespeist. „Das gesamte Studio – vom Licht einer Anzeigetafel bis hin zur Musik, die aus den Lautsprechern kommt – wird von den dort trainierenden Menschen angetrieben“, sagt der Gründer Michal Homola. Auch im „Sacramento Eco Fitness“ in Kalifornien treten die Mitglieder in die Pedale und liefern dabei Strom, der ins Stromnetz eingespeist wird. Eingesetzt werden dafür Bikes des Herstellers SportsArt.
Ein positives Beispiel ist auch der Club „Energy Floors“ in Amsterdam, ein Eventcontainer, dessen Boden die Energie der Tanzenden aufnimmt und damit seinen Energiebedarf für die Lichtanlage deckt. Der „Sustainable Dance Floor“ des Rotterdamer Unternehmens Energy Floors ist der erste Tanzboden der Welt, der die kinetische Energie tanzender Menschen in Strom umwandelt. Es gibt Module, um die Energiegewinnung zu visualisieren und Wettkampfelemente einzubauen.
Nachwachsendes, schadstofffreies Material
Neben der Stromerzeugung beim Strampeln wird in ökologischen und nachhaltigen Studios großerr Wert auf die verwendeten Materialien gelegt. Wer ein Eco-Fitnessstudio aufbauen will, findet heute bei einigen ausgewählten Herstellern Kleingeräte aus recycelten, aber vor allem natürlichen Materialien, die frei von Kunststoffen, Weichmachern, Schadstoffen und Pestiziden sind. Manche Produkte werden zudem fair produziert. Verwendet werden insbesondere Holz, Kork, Naturkautschuk, Jute und Bio-Baumwolle.
Stromerzeugende Cardiogeräte sind heute immer noch vorwiegend aus Kunststoff hergestellt und das Thema „Recycling“ spielt in der Fitnessindustrie leider immer noch eine untergeordnete Rolle. Es gibt aber mit dem „WaterRover“ von NOHrD schon ein Rudergerät aus Holz, das in ökologisch orientierten Boutique-Studios gern eingesetzt wird. Neben dem Rudergerät hat das Unternehmen aus Nordhorn auch ein Fahrradergometer aus massivem Holz herausgebracht, das in der eigenen Manufaktur in Deutschland von Hand gefertigt wird. Holz und Rinde werden dabei restlos verwertet. Außerdem produziert die Firma mit Solarstrom. Das verwendete Massivholz wird ausschließlich aus nachwachsenden Beständen in den USA und Deutschland gewonnen. Holz ist als nachwachsender Rohstoff sehr beliebt, um nachhaltiges Trainingsequipment herzustellen. Firmen wie Holz-Fit, Edelkraft und SIYA stellen zum Beispiel Massagerollen aus Holz her. Das Allgäuer Unternehmen Holz-Fit verarbeitet ausschließlich heimische Hölzer, die frei von Pestiziden oder anderen Chemikalien sind. Edelkraft hat neben Massagerollen auch Turnringe, Bauchtrainer, Handstand- und Liegestützgriffe sowie Klimmzugstangen aus Holz in seinem Sortiment.
FSC-Siegel: Holz aus nachhaltiger Waldwirtschaft
Das Berliner Unternehmen Edelkraftwurde im Oktober 2016 von Georg Wächter und Kathrin Knebel gegründet und bietet nachhaltiges, langlebiges Sportequipment aus Natur- und Recyclingmaterialien an. Das Equipment wird in kleinen Familienbetrieben in Deutschland fair produziert. Genutzt wird FSC-zertifiziertes Holz aus der Region. Das Siegel des FSC (Forest Stewardship Council) steht für nachhaltige Waldwirtschaft und kennzeichnet Produkte, die mit Holz aus nachhaltiger Waldwirtschaft hergestellt wurden. Auch für nachhaltige Waldwirtschaft wird ein FSC-Siegel vergeben. In FSC-zertifizierten Wäldern in Deutschland ist zum Beispiel der Pestizideinsatz verboten. Verboten sind auch Kahlschläge – erlaubt ist nur das Fällen einzelner Bäume oder weniger Baumgruppen.
Früher war Greenpeace selbst Mitglied beim FSC und hat den Kauf von FSC-zertifizierten Holzprodukten, auch wenn es Verbesserungsbedarf am FSC gab, noch empfohlen. Das sieht heute anders aus. Mittlerweile hat sich Greenpeace zurückgezogen, da FSC auch Holz aus Regenwäldern zertifiziert. Es ist also hergar nicht so leicht, Produkte zu finden, die tatsächlich ökologisch unbedenklich sind. Dennoch ist eine Zertifizierung immer noch sehr viel besser als gar keine.
Auch das Unternehmen SIYA verwendet für seine Massagerollen Holz, das FSC- oder PEFC-zertifiziert ist. Das Holz wird von kleinen Familienbetrieben in Mittel- und Süddeutschland verarbeitet. Das PEFC-Siegel des PEFC Council (Programme for the Endorsement of Forest Certification Schemes) soll garantieren, dass das verwendete Holz überwiegend aus nachhaltig bewirtschafteten Wäldern stammt. Das Umweltbundesministerium empfiehlt das Siegel zwar: „Bei Holzprodukten ist das PEFC-Siegel empfehlenswert, da es zu ökologischen Verbesserungen beim Anbau und beim Handel von Holz beiträgt.“ Es kritisiert aber auch eine nicht ausreichende Kontrolle der Einhaltung der Kriterien; Kontrollen erfolgten nur stichprobenartig. Laut der Plattform Utopia raten Umweltverbände wie Greenpeace und NABU vom PEFC-Siegel ab.
Produkte mit umweltfreundlichem Recyclingkreislauf
Bei nachhaltigen Trainingshilfsmitteln von Hanteln über Yogamatten bis hin zu Springseilen und Plyoboxen ist neben den verwendeten Materialien auch die nachhaltige und faire Produktion durch die Hersteller wichtig. Edelkraft bietet zum Beispiel Springseile an, die aus recycelten PET-Flaschen bestehen. Hergestellt werden sie in den Niederlanden.Die Produktion erfolgt klimaneutral mit Sonnenenergie. Auch bei Yogamatten wird auf nachhaltige Varianten gesetzt, die unter fairen Bedingungen produziert werden. Die „hejhej-mat“ ist eine Matte aus recyceltem Material, deren komplettes Produktleben ökologisch und fair in einem geschlossenen Kreislauf stattfindet. Produziert wird in Deutschland unter fairen Arbeitsbedingungen. Muss die Matte ersetzt werden, reicht eine E-Mail an den Hersteller. Der schickt ein Retouren- Label, mit dem die Matte kostenlos an die Nürnberger Firma zurückgeschickt werden kann, wo sie zu einer neuen Yogamatte recycelt wird. Als Anreiz zur Rücksendung gibt es 15 Prozent Rabatt auf die Bestellung einer neuen Matte. Nachhaltige Matten werden aber nicht nur aus Recyclingmaterial hergestellt, sondern auch aus natürlichen Materialien wie Naturkautschuk, Bio-Baumwolle oder Schurwolle, wobei Matten aus Wolle nur für ruhige, weniger aktive Yogaeinheiten genutzt werden können, da sie nicht so rutschfest sind. Die in Wien ansässige Lotuscrafts KG kombiniert bei ihrer Matte „OEKO Jute“ Naturkautschuk und Jute; zu 20 Prozent wird recycelter Naturkautschuk verwendet.
Kleines Trainingsequipment aus Naturkautschuk
Besonders wegen ihrer Rutschfestigkeit stehen Matten aus Naturkautschuk hoch im Kurs. Kautschuk ist aber nicht gleich Kautschuk, denn er kann auch synthetisch unter Verwendung von Erdöl hergestellt werden. Auch Widerstandsbänder unterschiedlicher Längen und Stärken werden aus Naturkautschuk hergestellt. Das aus Schleswig-Holstein stammende Label Southern Shores produziert neben nachhaltigen Yogaprodukten zum Beispiel die Yogamatte „Ocean Mat“. Sie besteht aus FSC-zertifiziertem sowie 400 g recyceltem Naturkautschuk pro Matte. Hergestellt wird die Matte in Taiwan.
Das FSC-Siegel für Kautschuk zertifiziert Plantagen und die Produktionskette. Allerdings ist auch hier eine Mischung aus zertifizierten und nichtzertifizierten Rohstoffen möglich. Ein großer Kritikpunkt beim FSC-Siegel für Kautschuk ist, dass es vorwiegend auf große Plantagen ausgerichtet ist. Der Anbau von Naturkautschuk ist aber weitgehend kleinbäuerlich strukturiert. Für Kleinbauern ist es jedoch schwer, sich zertifizieren zu lassen.
Schwierigkeiten der Kautschukindustrie
Naturkautschuk gilt zwar als natürlicher Rohstoff, dennoch kommen beim Anbau chemische Stoffe zum Einsatz. Pestizide, auch der Einsatz von Glyphosat und zum Teil Kinderarbeit auf den Plantagen sowie die Entwaldung zur Erschließung neuer Plantagen sind nicht zu ignorierende Probleme. So gibt der Verein Fair Rubber an, dass „die Produktion von natürlichem Kautschuk mancherorts mit gravierenden ökologischen und sozialen Problemen belastet ist. Niedrige Weltmarktpreise für Kautschuk machen es für die Produzenten von Kautschuk zunehmend schwerer, von ihrer Arbeit leben zu können“. Verschiedene Studien belegten miserable Arbeitsbedingungen, unzureichende Sicherheitsstandards, den unangemessenen Einsatz giftiger Chemikalien, Kinderarbeit, Diskriminierung und eine dauerhafte Überschreitung von Höchstarbeitszeiten. Das Material hat lange Transportwege hinter sich, was die Ökobilanz verschlechtert.
Von Fair Rubber zertifizierter Naturkautschuk
Edelkraft bietet aufgrund der Schwierigkeiten Widerstandsbänder aus Naturkautschuk an, der von dem Verein Fair Rubber zertifiziert ist und unter fairen Bedingungen angebaut und geerntet wurde. Der Anbau des Rohstoffs und die angeschlossene Fertigung finden in Sri Lanka statt. Fair Rubber e.V. ist ein Verein zur Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen der Primärerzeuger von Gummi bzw. Kautschuk und arbeitet mit Kleinbauern und Plantagen in Sri Lanka, Indien und Thailand zusammen, die unter fairen Bedingungen natürlichen Kautschuk zapfen. Primärerzeuger meint hier die Zapfer von Kautschuk, Plantagenarbeiter und Kleinbauern, die eine Fair-Trade-Prämie erhalten und so ihre Familien ernähren können.
Der Anteil des von Fair Rubber zertifizierten Kautschuks ist allerdings gering und es gibt erst einige wenige Produkte, die mit diesem Siegel gekennzeichnet sind. Dafür ist es das bislang weitreichendste Siegel in der Kautschukproduktion, das auch darauf achtet, dass keine Pestizide verwendet werden.
Produkte aus Kork der portugiesischen Korkeiche
Neben Holz und Kautschuk sind auch Produkte aus nachwachsendem Kork im Bereich Eco-Fitness sehr gefragt. Firmen wie SIYA, Edelkraft, Lotuscraft, Ergotopia und ecoroyal bieten Yogablöcke und -matten sowie Faszienrollen aus Kork an. Yogamatten von SIYA bestehen aus Naturkautschuk und Recyclingkork. Für die Verklebung der Materialien wird kein zusätzliches Bindemittel benötigt. Die Verbindung gelingt unter Hitze und Druck ausschließlich durch die Harze, die von Natur aus in der Rinde der Korkeiche enthalten sind.
Der für die unterschiedlichen Produkte verwendete Kork stammt in der Regel von portugiesischen Korkeichen. Bei der Ernte wird nicht der Baum gefällt, sondern nur die Rinde der Korkeiche geschält. Geerntet werden kann nur alle sieben bis zehn Jahre; der Baum hat so genügend Zeit zu regenerieren. Naturkork ist zudem recycelbar und nimmt sehr viel CO2 auf. Die Produktion erfolgt in Portugal auch zu fairen Arbeitsbedingungen. Entsprechend ist Kork ein wirklich nachhaltiges Produkt, das auch zur Entwicklung der Wirtschaft Portugals beiträgt. Denn die Korkindustrie hatte durch den Ersatz von Weinkorken durch Kunststoffkorken und Schraubverschlüsse erhebliche Umsatzeinbußen. Die neue Nachfrage macht die Pflege der alten Korkeichen wieder lukrativ.
Rita Hoogestraat
Foto: NOHrD