Gesetz für faire Verbraucherverträge
Infos und Tipps zur Umsetzung
Der Bundestag hat neue Regeln beschlossen, was Verbraucherverträge betrifft, und will so für mehr Verbraucherschutz sorgen – dies betrifft u. a. Strom-, Gas-, Internet- und Smartphoneverträge sowie eben auch Verträge mit Fitnessstudios. Zum 1. Oktober 2021 trat ein Großteil des „Gesetzes für faire Verbraucherverträge“ in Kraft und erleichtert nun die Kündigung von Langzeitverträgen. Was sollten Studiobetreiber beachten, um das neue Gesetz korrekt umzusetzen?
Zweck des Gesetzes ist es, Verbraucher vor überlangen Vertragslaufzeiten und Kündigungsfristen zu schützen. Dabei hatte der Gesetzgeber ursprünglich Strom- und Gaslieferverträge sowie Handyverträge im Visier. Da die gesetzlichen Änderungen nun jedoch für alle Verträge mit Verbrauchern gelten, müssen diese auch beim Abschluss von Mitgliedsverträgen beachtet werden. Genau genommen handelt es sich bei dem „fairen Verbraucherverträge Gesetz“ gar nicht um ein neues eigenständiges Gesetz, sondern um Änderungen im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB). Diese sind bereits am 17. August 2021 offiziell in Kraft getreten. Ab März 2022 werden die Änderungen auch für Fitnessstudios relevant, denn dann läuft die Übergangsfrist aus. Das hat Auswirkungen auf die Erstlaufzeit, auf Kündigungsfristen und Laufzeitverlängerungen sowie auch auf die Gestaltung von Online-Verträgen.
Das sind die neuen Regelungen
Konkret heißt es im neuen § 309 BGB, dass Vereinbarungen in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) unwirksam sind, wenn sie:
- eine länger als zwei Jahre bindende Vertragslaufzeit vorsehen,
- eine stillschweigende Verlängerung des Vertragsverhältnisses beinhalten.
- Es sei denn, das Vertragsverhältnis wird nur auf unbestimmte Zeit verlängert und dem anderen Vertragspartner das Recht eingeräumt, das verlängerte Vertragsverhältnis jederzeit mit einer Frist von höchstens einem Monat zu kündigen.
Für die Praxis bedeutet das:
- Eine Erstlaufzeit von bis zu zwei Jahren ist weiterhin möglich,
- eine stillschweigende Verlängerung des Vertrages über die Erstlaufzeit hinaus ist nur noch mit einer Kündigungsfrist von einen Monat statt der bisherigen drei Monate möglich. Ab 1. Juli 2022 kommt auch noch die Verpflichtung hinzu, einen Kündigungsbutton für Online-Verträge zur Verfügung zu stellen.
Verträge anpassen
Die Vertragslaufzeit von bis zu zwei Jahren kann bestehen bleiben. Die Klausel zur Vertragsverlängerung für Neukunden muss jedoch wie folgt angepasst werden: „Die Erstlaufzeit beträgt zwei Jahre. Nach Ablauf der Mindestvertragslaufzeit verlängert sich die Mitgliedschaft auf unbestimmte Zeit. Der Vertrag kann jedoch jederzeit mit einer Frist von einem Monat gekündigt werden.“
Alternativen zur stillschweigenden Verlängerung
Im Gesetzestext heißt es, eine stillschweigende Vertragsverlängerung sei nicht möglich. Das Gegenteil einer stillschweigenden Verlängerung wäre eine ausdrücklich vereinbarte Vertragsverlängerung. Möglich ist es also, aktiv auf die Mitglieder zuzugehen und ihnen einen Deal anzubieten. Dieser könnte z. B. so aussehen, dass das Mitglied für sechs Monate eine Getränke-Flatrate bekommt, wenn es eine Vertragsbindung von weiteren 12 Monaten akzeptiert. Stimmt das Mitglied dem zu, dann wäre das eine ausdrücklich vereinbarte Vertragsverlängerung und damit nicht von den neuen Regelungen erfasst. Bitte lassen Sie sich das Einverständnis schriftlich, z. B. per E-Mail, und nicht nur mündlich bestätigen, damit Sie später die verlängerte Kündigungsfrist auch beweisen können, sollte es zu einem Streit kommen.
Akzeptiert das Mitglied nicht, bleibt es bei den gesetzlichen Regelungen und der Vertrag läuft – nach den neuen Regelungen – auf unbestimmte Zeit weiter. Das Mitglied kann dann mit einer Frist von einem Monat jederzeit kündigen. Man könnte natürlich nach zwei Jahren den Vertrag auslaufen lassen – bei Neuabschluss des Vertrages würde dann die Mindestvertragslaufzeit auch neu beginnen. Das würde aber zu dem absurden Konstrukt führen, dass das Studio jedem Mitglied einen neuen Vertrag mit neuer Mindestlaufzeit anbieten müsste. Das dürfte wohl nur in ganz wenigen Fällen funktionieren, wenn sich etwa das Angebot des Studios derart erweitert oder sich die Preisgestaltung so drastisch verändert hat, dass es für das Mitglied günstiger ist, einen komplett neuen Vertrag abzuschließen und dann auch erneut eine Mindestvertragslaufzeit zu akzeptieren.
Besonderheiten bei Online-Verträgen
Bieten Sie die Möglichkeit an, Mitgliedschaften direkt über die Website des Studios abzuschließen, müssen Sie sicherstellen, dass diese Verträge auch online kündbar sind. Dazu muss ab 1. Juli 2022 eine leicht zugängliche und gut sichtbare Kündigungsschaltfläche (der sog. „Kündigungsbutton“) auf der Internetseite platziert werden. Weiter muss dieser Kündigungsbutton eine eindeutige Beschriftung haben, z. B. „Vertrag hier kündigen“.
Neben diesem Kündigungsbutton müssen bei digitalen Vertragsabschlüssen noch zwei weitere wichtige Punkte beachtet werden. So muss der Vertragsschluss über einen unmissverständlichen Buchungsbutton erfolgen. Dem Verbraucher muss klar sein, dass er durch das Anklicken dieses Buttons eine rechtlich verbindliche Erklärung abgibt. Die Schaltfläche sollte daher bspw. mit „Kostenpflichtig Mitglied werden“ beschriftet sein.
Aus rechtlicher Sicht gibt der Verbraucher mit Anklicken der Schaltfläche ein verbindliches Angebot zum Abschluss des gewählten Fitnessvertrages ab, das Sie annehmen müssen. So haben Sie noch die Möglichkeit zu überprüfen, ob Sie mit dieser Person überhaupt einen Vertrag abschließen möchten. Der Vertrag kommt dann durch Annahme dieses Angebots, z. B. durch Bestätigung per E-Mail, zustande. Eine automatisch generierte E-Mail, mit der lediglich der Erhalt des Angebots bestätigt wird, gilt noch nicht als Annahme des Angebots.
Weiter ist zu beachten, dass der Verbraucher bei Online-Verträgen ein Widerrufsrecht hat. Während bei einem Vertragsschluss im Studio das Mitglied den Vertrag nicht innerhalb von 14 Tagen widerrufen kann, steht ihm dieses Recht im Internet jedoch zu: Verbraucher können den Mitgliedsvertrag, den sie online abgeschlossen haben, innerhalb von 14 Tagen ab Vertragsschluss ohne Angaben von Gründen widerrufen. Darauf muss das Mitglied bei einem Online-Vertragsabschluss auch ausdrücklich hingewiesen werden. Um von diesem Widerrufsrecht Gebrauch zu machen, muss das Mitglied Ihnen nur den Namen, die Anschrift und eine eindeutige Erklärung über den Entschluss, den Vertrag zu widerrufen, übersenden. Eine E-Mail ist dafür ausreichend. Die Widerrufsfrist ist eingehalten, wenn die Mitteilung vor Ablauf der Widerrufsfrist abgesendet wird. Dem Mitglied sollte stets ein Muster-Widerrufsformular zur Verfügung gestellt werden. Unter www. gesetze-im-internet.de finden Sie das Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch und in dessen Art. 253 finden Sie eine kostenfreie Vorlage für eine Widerrufserklärung.
Was passiert bei Verstößen?
Bei Verstößen droht das Kündigungsrecht ohne Kündigungsfrist. Halten Sie sich nicht an die neuen Verbraucherschutzvorgaben, stellen etwa keinen Kündigungsbutton zur Verfügung, führt das dazu, dass das Mitglied jederzeit und ohne Frist kündigen kann.
Was ist mit bestehenden Verträgen?
Altverträge, also Verträge, die vor dem 1. März 2022 geschlossen wurden, behalten ihre Wirksamkeit und müssen aktiv durch den Verbraucher gekündigt werden. Sie laufen nicht einfach automatisch aus und müssen auch nicht angepasst werden. Dies gilt jedoch nicht für den Kündigungsbutton im Internet. Auch Altverträge, die digital abgeschlossen wurden, müssen ab 1. Juli über den Kündigungsbutton digital und einfach gekündigt werden können.
Ist Telefonwerbung erlaubt?
Im Rahmen von Corona nutzen viele Studios die Möglichkeit, per E-Mail und Telefon mit ihren Mitgliedern in Kontakt zu bleiben. Wollen Sie aber auch Kurse und andere Leistungen telefonisch anpreisen, handelt es sich um einen Werbeanruf. Für diesen brauchen Sie nun vorab eine Einwilligung des Mitglieds. Diese muss dokumentiert, fünf Jahre aufbewahrt und auf Verlangen der Verwaltungsbehörde umgehend vorgelegt werden (§ 7a UWG). Bei einem Verstoß gegen diese Vorgaben kann ein Bußgeld von bis zu 50.000 Euro fällig werden (§ 20 Abs. 1 Nr.2 i. V. m. Abs. 2 UWG).
Vorsicht vor veralteten Informationen
Bereits Ende 2020 war die Rede von einem neuen Gesetz, das verkürzte Kündigungsfristen und Änderungen bei Vertragsverlängerungen beinhalten soll. Dies wurde auch im Internet ausgiebig diskutiert. Erst im Juni 2021 und mit erheblichen Änderungen hat der Bundestag schließlich den Gesetzentwurf der Bundesregierung „für faire Verbraucherverträge“ verabschiedet. Der Rechtsausschuss hatte im Juni noch einmal gewichtige Änderungen vorgeschlagen, die auch umgesetzt wurden.
So stand im Regierungsentwurf vom Dezember 2020 etwa noch, dass Verträge automatisch über drei Monate bis zu einem Jahr verlängert werden könnten, wenn das Unternehmen den Kunden rechtzeitig auf seine Kündigungsmöglichkeit hinweist. Weiter waren an die zwei Jahre Vertragslaufzeit finanzielle Bedingungen geknüpft. Das ist allerdings komplett weggefallen. Da die Artikel mit den alten Informationen jedoch üblicherweise nicht gelöscht werden, muss genau aufgepasst werden, wann diese verfasst wurden.
Julia Ruch
Julia Ruch
ist Inhaberin der aktivKANZLEI. Sie bietet exklusive Rechtsberatung für Fitnessstudios, Personal Trainer und Sportevents. Nach ihrem Studium war sie zunächst als angestellte Rechtsanwältin in verschiedenen Anwaltskanzleien für Zivil- und Arbeitsrecht tätig, bevor sie in die Wirtschaft wechselte. In großen mittelständischen Unternehmen erwarb sie langjährige und vielfältige Erfahrungen in den Bereichen Vertragsgestaltung, Arbeitsrecht und Verhandlungsführung. Mit ihrer eigenen Kanzlei hat sie sich auf die Beratung von Fitnessstudios und Trainern spezialisiert.
Kontakt: www.aktivkanzlei.de
Foto: Gina Sanders – stock., momius – stock.adobe.com; Julia Ruch