Neue Chancen im Rehasport
Warum Sie Rehasport in Eigenregie anbieten sollten
Gerade in Pandemiezeiten ist es mehr denn je notwendig und hilfreich, alle im Markt existierenden Möglichkeiten und Chancen zu nutzen und sein Angebot neu zu justieren. Rehabilitationssport hat in den Jahren 2005–2019 ein starkes Wachstum erfahren. Viele Studios haben das Potenzial erkannt und bieten professionellen Rehabilitationssport an – der Historie geschuldet und mangels Alternativen zumeist über einen Verein. Dabei lässt sich feststellen, dass sich manche Mythen, wie bspw. „Rehasport rechnet sich nicht“ oder „Rehasport kann und darf nur über einen eingetragenen gemeinnützigen Verein angeboten werden“, hartnäckig in den Köpfen der Branche festgesetzt haben und sogar länger dort verweilen, als es der Sache guttut.
Wie kam es dazu, dass bis vor einiger Zeit Rehabilitationssport nur angeboten werden konnte, wenn man sein Unternehmen einem bereits bestehenden Verein angegliedert oder einen eigenen Verein gegründet hatte? Um das zu verstehen, müssen wir einen Blick in die 1940er-Jahre werfen – die Anfänge des Rehabilitationssports.Der „Versehrtensport“ wurde mit dem Ziel anerkannt, die medizinische Behandlung von Versehrten mithilfe gezielter Leibesübungen zu fördern und zu ergänzen. Auf der Suche nach geeigneten Strukturen zur Umsetzung des Versehrtensports fiel die Wahl auf Vereine. Diese waren in den meisten Gegenden vertreten, hatten einen Kassenwart und einen Übungsleiter und boten die richtigen Strukturen. Im Jahr 1951 wurde der Versehrtensport in die „Arbeitsgemeinschaft Deutscher Versehrtensport“ (ADV) integriert. Sechs Jahre später wurde nach mehreren Namensänderungen aus dem „ADV“ der „Deutsche Behindertensportverband“ (DBS), der aufgrund der Historie bis heute an der Vereinszugehörigkeit für Rehasportanbieter festhält. Erst mit der Gründung des „Bundesverbandes Rehabilitationssport/ Rehasport Deutschland e.V.“ im Jahr 2005 konnte eine Alternative zum DBS geschaffen werden. Mithilfe dieses Verbandes kann Rehasport seit einiger Zeit ohne Vereinspflicht angeboten werden.
Anerkannte Etablierung in der Branche
Als der Versehrtensport ins Leben gerufen und die Vereine als ausführendes Organ bestimmt worden waren, war noch nicht abzusehen, welche Auswirkungen der Vereinszwang – also das Festhalten des Behindertensportverbandes an den Vereinsstrukturen – mit sich bringen würde. War Rehabilitationssport bis Anfang der 2000er Jahre in der Welt der Fitness- und Gesundheitsanbieter kaum von Bedeutung, änderte sich dies mit der Gründung der ersten „Zweck-Vereine“.
Als „Zweck-Vereine“ werden im Folgenden die Vereine bezeichnet, die nicht aus der Historie heraus entstanden sind, sondern eigens als Angebotsplattform für Unternehmen (insbesondere Fitnessstudios) dienen sollen und die sich vor einer eigenen Vereinsgründung scheuen. Interessierte Unternehmen wurden akquiriert und unter dem Dach des Vereins als externer Standort angegliedert. Der Verein leistete Unterstützung bei den Themen „Anerkennung“, „Abrechnung“ und „Durchführung“. Mit diesen Vereinen wuchs die Anzahl der Rehasportanbieter rapide. Diese „Zweck-Vereine“ waren zunächst tatsächlich Pioniere des Rehabilitationssports, schufen sie doch durch ihre schnelle Verbreitung zahlreiche neue Anlaufstellen und verhalfen damit dem Rehabilitationssport zu einer anerkannten Etablierung in der Branche.
Dies brachte jedoch nicht nur Vorteile mit sich, denn bereits nach relativ kurzer Zeit konnte man beobachten, dass sich die Vereine immer mehr um die Optimierung der eigenen Prozesse als um die Bedürfnisse ihrer Kunden kümmerten. Hatten diese „Zweck-Vereine“ damals noch eine nachvollziehbare Daseinsberechtigung, rückte diese mit der Zeit immer weiter in den Hintergrund. Mit der aufkommenden Digitalisierung und trotz der damit verbundenen erheblichen Arbeitsreduzierung für die Vereine wurde der Abgabesatz von 20 Prozent in den meisten Fällen weder reduziert noch die Dienstleistung verbessert.
Das Wichtigste für einen Verein ist immer der Verein
Ein gutes Beispiel für diese Aussage ist das Thema „Zusatzleistungen“. Seit Kurzem ist zu beobachten, dass immer mehr Krankenkassen eine Folgeverordnung ablehnen (z. B. die AOK und die Barmer GEK). Dies führt dazu, dass diese Teilnehmer ihr Studio nach dem Rehabilitationssport wieder verlassen, sofern dieses keine Strategie zur Kundengewinnung aus Rehasportlern hat. Diese Strategie hätte bereits von Anfang an ausgearbeitet werden können, sollen und müssen, doch der Verein hatte stets ein größeres Interesse an den Folgeverordnungen, denn daran verdient er.
Mit zunehmender Kundenanzahl und Größe dieser „Zweck-Vereine“ nahm jedoch die Servicequalität, z. B. die telefonische Erreichbarkeit und die Reaktionsgeschwindigkeit auf Kundenfragen/ -wünsche, ab. Wurden in den Anfängen die eigenen Standorte noch regelmäßig besucht, verringerten sich dann im Laufe der Zeit die Besuche und finden heute oftmals nur noch selten statt. Das kann – nebenbei bemerkt – für einen Verein oftmals schon den Verlust der Gemeinnützigkeit nach sich ziehen, denn das Prinzip der „Unmittelbarkeit“ ist nun in keiner Weise mehr gegeben und nicht gewährleistet. Die „Zweck-Vereine“ verdienen dementsprechend bei gleichbleibender und teilweise sogar reduzierter Leistung mehr am Umsatz ihrer Kunden. Die Preise für Dienstleistungen wurden demnach schleichend und kontinuierlich angehoben, ohne dass dies in den meisten Fällen in irgendeiner Art und Weise kommuniziert wurde.
Eigenständige Durchführung von Rehabilitationssport
Bis vor wenigen Jahren hatten Studios bzw. Anbieter von Gesundheitssport, sofern sie den Rehabilitationssport in ihr Angebot integrieren wollten, lediglich die Möglichkeit, einen eigenen Verein zu gründen oder sich einem „Zweck-Verein“ anzuschließen.
Einen eigenen Verein zu gründen ist zeitaufwendig und bedarf auch nach der Gründung regelmäßiger Arbeit, um den Verein rechtens zu betreiben. Die Angliederung an ein bestehendes Konstrukt lässt sich zwar relativ schnell bewerkstelligen, bedeutet aber die Aufgabe der Selbstständig- und Eigenständigkeit. Zudem agieren viele Zweck-Vereine mit langen Vertragslaufzeiten und drohen ihren eigenen Kunden mit hohen Konventionalstrafen, sollten diese während der Vertragslaufzeit einen anderen Weg einschlagen wollen. Der Anbieter geht demnach ein starkes Abhängigkeitsverhältnis ein, insbesondere wenn man berücksichtigt, dass der angebotene Rehasport – und damit auch alle Kundendaten – gar nicht dem eigentlichen Anbieter, sondern dem Verein gehören. Dies hat zur Folge, dass sämtliche Parteien, mit denen man zusammenarbeitet (z. B. Softwareanbieter, Abrechnungszentrum, Verband etc.), keine Verträge mit dem jeweiligen Anbieter, sondern mit dem Verein haben. Dementsprechend sind auch die Patientendaten Eigentum des Vereins.
Neben dem Abhängigkeitsverhältnis und dem Umsetzungszwang von Vereinsvorgaben gibt es weitere Gründe und Risiken, die gegen das Anbieten des Rehasports über einen Verein sprechen. Dazu zählen u. a. mögliche Szenarien wie eine finanzielle Schieflage des Vereins, der Entzug der Gemeinnützigkeit, die sogenannten Umsatzsteuerbefreiungskonzepte und das Vorenthalten wichtiger und für Sie relevanter Informationen. Große Vereine stecken tatsächlich in einer echten Zwickmühle und haben aus verständlichem Grund kein Interesse daran, für den Verein nachteilige Informationen und Möglichkeiten in ihrem Kundenkreis zu verbreiten. Die eigene Existenz steht schließlich auf dem Spiel.
In den Zeiten, in denen es so gut wie keine Alternative gab, wurden all diese Risiken und Nachteile stillschweigend in Kauf genommen, denn es sprach nichts für das Gründen eines eigenen Vereins. Der Aufwand und die Risiken standen in einem sehr ungünstigen Verhältnis zu den Chancen und zum Nutzen. Aber nun, da sich diese Möglichkeit der eigenständigen Durchführung von Rehabilitationssport immer mehr in den Köpfen der Rehasportanbieter fest- und durchsetzen wird, ist es lediglich noch eine Frage der Zeit, bis Rehasportandie Bedeutung und die Berechtigung der Vereinskonstrukte stetig abnehmen werden.
Handlungsempfehlung für den höchstmöglichen Ertrag
Sicherlich hat sich jeder, der 20 Prozent seiner gesamten Einnahmen im Rehasport an seinen Verein abgibt, schon des Öfteren nach dem Grund gefragt. Was aber ist zu tun? Stellen Sie Ihren ärztlich verordneten und von sämtlichen Krankenkassen vergüteten Rehabilitationssport auf die eigenen Beine. Machen Sie sich frei von allem, was Sie an Ihrem Erfolg behindert oder Sie einschränkt. Fokussieren Sie sich auf Ihren Erfolg und nicht auf den Ihres Vereins. Der Aufwand dafür ist minimal und die Vorteile sprechen für sich. Das meiste dazu haben Sie schon bzw. können Sie bereits – und für den Rest braucht es allenfalls ein wenig Mut und eventuell die Unterstützung von Experten, die dort helfen, wo es notwendig und gewünscht ist, und die nicht permanent an Ihrem Erfolg mitpartizipieren. Um heutzutage erfolgreich Rehabilitationssport anbieten und den höchstmöglichen Ertrag daraus erwirtschaften zu können, benötigt man tatsächlich einiges. Ein Verein gehört allerdings nicht dazu.
Zutaten für den eigenen erfolgreichen Rehasport
Sie benötigen einen Verband, bei dem Sie Ihr Rehasportangebot auch ohne Verein zertifizieren lassen können. Zu dem bedarf es einer Software, die die Möglichkeit zur digitalen Abrechnung enthält und mit der Sie Ihre Teilnehmer einfach verwalten und Ihren Rehasport kontrollieren können. Denn Rehasport ist niemals kompliziert, aber immer sehr komplex. Und um dieser Komplexität Herr zu werden, benötigen Sie schlanke Prozesse, eine funktionierende Software, Konsequenz und Kontinuität. Nachdem das Rüstzeug für das entsprechende Rehasportangebot besteht, geht es an die Umsetzung – und das dauerhaft und konsequent, denn genau darin liegt die wahre Herausforderung.Dass die einzelnen Rehasportkurse regelmäßig stattfinden, leuchtet jedem ein. Aber auch die Arbeit hinter den Kulissen bedarf einer Kontinuität. Mitarbeiter und Übungsleiter zu schulen, sie auszubilden und vor allem sie regelmäßig zu motivieren, ist ein fortlaufender Prozess, der nicht nur aufgrund von Mitarbeiterfluktuation notwendig und sinnvoll ist
Die vier beeinflussbaren Erfolgsfaktoren im Rehabilitationssport sind:
1. Eigenständigkeit: Der Rehasport gehört Ihnen und sonst niemandem.
2. Frequenz/Zulauf: Wie viele Rehasportverordnungen kommen pro Monat ins Unternehmen?
3. Kursauslastung: Wie gut gelingt es dem Anbieter, seine Rehasportkurse mit der erlaubten maximalen Teilnehmerzahl auszulasten?
4. Selbstzahler/Zusatzleistungen: Wie erfolgreich schafft es der Rehasportanbieter, die Rehasportler vor, während und nach ihrer Verordnung zu etwas mehr zu motivieren?
Fazit
Auch im Rehasport gilt es, auf der einen Seite den Umsatz zu steigern und auf der anderen Seite die Kosten zu minimieren. Obwohl dies keine neuen und epochalen betriebswirtschaftlichen Erkenntnisse sind, scheinen diese banalen Grundprinzipien im Rehasport oftmals völlig aus dem Fokus verloren gegangen. Möchten Sie also den Rehasport ernstund dauerhaft betreiben und zu einer auch finanziell erfolgreichen Angelegenheit in Ihrem Unternehmen machen? Dann sollten Sie den Rehasport in Eigenregie anbieten und ggf. auf die Unterstützung externer Beratungsunternehmen zurückgreifen. In der Regel reduzieren sich Ihre Kosten dadurch gegenüber der im Markt üblichen „Zweck-Vereine“ um mehr als 50 Prozent. Für einen Anbieter, der durchschnittlich ca. 300 aktive Rehasportler betreut, sind das ca. 4.000-7.000 Euro pro Jahr. Es ist nun einmal eine unabänderliche Tatsache, dass der größte Teil der Arbeit im Rehasport im Studio selbst stattfindet. Wenn man ehrlich ist, leistet man dort mehr als 90 Prozent der Arbeiten. Warum also nur 80 Prozent des Umsatzes generieren?
Tobias Daennart/Michael Voeske
Tobias Daennart
ist Bachelor of Arts in „Angewandter Sportwissenschaft“. Seit 2016 ist er beratend im Bereich Rehabilitationssport tätig. Seit 2019 ist er geschäftsführender Gesellschafter der Konsultti UG. Die Konsultti UG ist die erste und bis dato einzige Unternehmensberatung im Gesundheitsmarkt, die sich darauf spezialisiert hat, Rehasportanbieter in die Eigenständigkeit ohne Vereinsbindung zu begleiten. Darüber hinaus und dadurch, dass Konsultti nicht am Rehasportumsatz des Kunden beteiligt ist, ergibt sich ein Coaching in den wichtigsten Teildisziplinen des Rehasports (Arztakquise, Kursauslastung, Zusatzleistungen).
Kontakt: t.daennart@konsultti.de
Michael Voeske
ist Dipl. Betriebswirt. Seit 2005 ist er auf den Beratungsservice im Gesundheitssport spezialisiert mit dem Schwerpunkt Rehabilitation.
Kontakt: m.voeske@konsultti.de
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