Vorsicht bei reinen Online-Lernangeboten
Interview mit Christine Schacht, Sales & Marketing im Fachbereich Fitness, IST-Studieninstitut/ IST-Hochschule für Management
Während der Coronapandemie sind Online-Kurse sehr beliebt – u. a. auch bei den Trainerausbildungen. Präsenzphasen sind aber nach wie vor unbedingt notwendig, sagt Christine Schacht vom IST-Studieninstitut/der IST-Hochschule für Management. Im Interview erläutert sie außerdem, woran Studiobetreiber qualifizierte Mitarbeiter und ein gutes Ausbildungsinstitut erkennen können.
body LIFE: Welche Rolle spielt die Mitarbeiterqualifikation für Fitnessstudios? Kann ein Studio ohne gut ausgebildete Mitarbeiter überhaupt bestehen?
Christine Schacht: In den vergangenen Jahren ist bei den Arbeitgebern das Bewusstsein noch einmal gewachsen, dass gut ausgebildetes Personal die Grundvoraussetzung für langfristigen Erfolg ist. Mitarbeiter und Trainer sind oft der entscheidende Faktor, ob sich Mitglieder für oder gegen einen Club entscheiden. Deshalb ist nicht nur irgendeine, sondern eine qualitativ hochwertige Ausbildung der Schlüssel zu einer Karriere im Fitnessbereich. Im Idealfall bildet man den Nachwuchs sogar im eigenen Betrieb aus. So wird eine Bindung aufgebaut, die eben nicht nur kurzfristiger Natur ist.
body LIFE: Gibt es Unterschiede in der Qualität der Ausbildung? Falls ja, wie können Studiobetreiber eine gute Ausbildung erkennen?
Christine Schacht: Da gibt es leider große Unterschiede. Wichtig ist es sicherlich, keinen Bereich außer Acht zu lassen. Praxis und Theorie gehören zu einer allumfassenden Aus- und Weiterbildung dazu. Ein reines Online- Lernen, bei dem man nie Experten, die einem wichtige Anleitungen geben können, Auge in Auge trifft, ist sicherlich nicht zu empfehlen. Man muss sich auch immer vor Augen halten, dass Fehler in dieser Branche gesundheitliche Folgen für die Kunden haben können! Den Mitgliedern ist es deshalb zu Recht wichtig, von wirklich gut ausgebildeten Fachleuten betreut zu werden.
body LIFE: Gilt hier im Umkehrschluss, dass nicht alle Mitarbeiter denselben Kenntnisstand haben – auch wenn sie die gleiche Ausbildung, z. B. eine B-Lizenz, absolviert haben?
Christine Schacht: Das ist so, auch wenn das sicherlich nicht im Sinne des Erfinders ist. Man kann eine Fitnesstrainer B-Lizenz auf viele Arten und Weisen erwerben. Aber das ist ja kein Geheimnis und das wissen die Betreiber von Fitnessstudios ebenfalls. Sie achten vermehrt darauf, wo die Mitarbeiter ihre Lizenzen erworben haben. Das muss auch allen Bewerbern klar sein: Wenn es um Jobgespräche geht, dann ist B-Lizenz nicht gleich B-Lizenz.
body LIFE: Ein Beispiel, in dem die Unterschiede in der Ausbildung sehr deutlich werden, ist die Lizenz zum Personal Trainer. Was muss sich ändern, damit alle Ausbildungen die gleiche Qualität haben?
Christine Schacht: Der Zustand bei der Personal-Trainer-Lizenz ist sicherlich ein Extremfall. Auch da ist es aktuell an den Betreibern von Fitnesseinrichtungen, bei der Einstellung darauf zu achten, wo der Mitarbeiter seine Lizenz erworben hat. Das wird auch großflächig so gehandhabt. Um bei diesem Beispiel zu bleiben: Ärgerlich für den Kunden wird es, wenn er sich an einen selbstständigen Personal Trainer wendet – da kann man leider oft nicht auf den ersten Blick erkennen, welche Ausbildung dahintersteckt. Im Sinne einer professionellen und gewissenhaften Betreuung kann der Zustand deshalb sicherlich nicht das Ende des Liedes sein. Wir setzen uns seit vielen Jahren für qualitative Ausbildungen ein. Dabei sind wir durchaus auf einem guten Weg, einheitliche Kriterien für Lizenzen festzulegen und Qualitätsstandards zu sichern. Das Ende dieses Weges ist aber noch nicht in Sicht.
body LIFE: Was macht einen qualifizierten Mitarbeiter aus beziehungsweise woran erkennen Studiobetreiber qualifizierte Mitarbeiter?
Christine Schacht: An der Qualität ihrer Ausbildung! Wie schon festgestellt, genügt es eben nicht, nur auf die Lizenzen oder Zertifikate zu achten, sondern auch auf die Institute oder Hochschulen, die diese ausgestellt haben. Natürlich wird es auch Ausnahmen geben, aber in der Regel darf und kann man von jemanden, der in einem Tagesseminar eine Lizenz erworben hat, natürlich nicht so viel erwarten wie von jemandem, der sich mit einer mehrmonatigen Ausbildung demselben Thema gewidmet hat.
body LIFE: Und woran erkennt man ein gutes Ausbildungsinstitut?
Christine Schacht: Wichtig ist natürlich, dass die Bildungsinstitution regelmäßig überprüft wird und die angebotenen Inhalte auf dem neuesten wissenschaftlichen Kenntnisstand sind. Wer sich also auf die Suche nach einer guten Ausbildung macht, kann sich an folgenden Punkten orientieren:
- Wie lange gibt es den Anbieter schon? Ein schlechtes Produkt wird sich eher nicht sehr lange am Markt behaupten können.
- Darüber hinaus sollte man auf Zertifizierungen achten. Diese werden durch unabhängige Stellen überprüft und garantieren damit die Qualität in der Ausbildung.
- Hochschulabschlüsse sollten unbedingt durch eine internationale Agentur zur Qualitätssicherung, wie etwa die FIBAA, akkreditiert sein.
- Angebote per Fernunterricht müssen durch die Staatliche Zentralstelle für Fernunterricht (ZFU) geprüft und zugelassen sein.
- Und man kann sich natürlich auch die Einschätzungen ehemaliger Teilnehmer anschauen – in den sozialen Medien und auf unabhängigen Bewertungsportalen findet man hier viele Erfahrungsberichte.
body LIFE: Wie hat die Coronapandemie die Ausbildung verändert?
Christine Schacht: Es war und ist selbstverständlich eine besondere Situation. Alle Institutionen mussten schnell reagieren, um sich auf die neuen Gegebenheiten einzustellen – das galt auch für uns. Da, wo es nötig war, haben wir von Seminaren auf Online- Veranstaltungen umgestellt. Weil wir schon seit über 30 Jahren mit Fernunterricht arbeiten, waren wir gut gerüstet. Online-Vorlesungen, virtuelle Klassenzimmer, web-based Training, Podcasts und vieles mehr sind unser tägliches Brot und essenzielle Bestandteile unseres regulären Lehrbetriebs. Weggefallen sind nun für eine gewisse Zeit die Vor-Ort-Präsenzen. Deshalb haben wir den Online-Aspekt noch einmal intensiviert. Für uns war aber immer klar: Sobald Präsenzveranstaltungen wieder möglich sind, werden wir auch mehr Termine als üblich zur Verfügung stellen. Denn wir sehen das Erlernen und Anwenden in der Praxis, Korrekturen durch Experten und den persönlichen Kontakt untereinander, aber auch zu Branchenvertretern als eine sehr wichtige Komponente unserer Aus- und Weiterbildungen an.
body LIFE: Was sind die Vor- und Nachteile von rein digitalen Ausbildungen?
Christine Schacht: Lernen ist viel flexibler geworden. Bei reinen Online-Schulungen wäre ich aber vorsichtig. Nicht nur, dass die wichtige Anwendung des Erlernten fehlt. Studien zeigen auch, dass eine Kombination aus Präsenzund Fernlehrangeboten, das sogenannte Blended Learning, eine optimale und sehr effiziente Art zu lernen ist. Man kennt es ja von sich selbst, dass man sich die Theorie viel besser einprägt, wenn man diese danach auch in der Praxis umsetzt.
body LIFE: Werden möglicherweise alle Kurse irgendwann ohne Präsenzphasen auskommen?
Christine Schacht: Das kann ich mir nicht vorstellen. Würde man auf sie komplett verzichten, ginge das zu Lasten der Kunden und letztendlich auch ihrer Gesundheit. Und damit ist niemandem gedient!
body LIFE: Vielen Dank für das Interview!
Foto: IST