Den Dialog mit den Vermietern intensivieren
Interview mit Jörg Hidding, Geschäftsführer der ONE HOSPITALITY GmbH
Beim 1. Fitness Real Estate + Investment Summit brachte Jörg Hidding erstmals die Fitness- mit der Immobilienbranche zusammen. Im Interview blickt er u. a. auf das Event zurück und verrät, was für den 2. Summit geplant ist. Darüber hinaus spricht Hidding über die Relevanz der Themen „Mietvertrag“ und „Standort“ und wie sich Betreiber in Verhandlungen verhalten sollten.
body LIFE: Vergangenen November fand erstmals der Fitness Real Estate + Investment Summit statt. Was war die Intention und wie waren die Rückmeldungen?
Jörg Hidding: Wir sehen eine Professionalisierung des Marktes, also immer mehr investorengetriebene Fitnessanbieter und -ketten, die eine klare Expansionsstrategie über mehrere Jahre verfolgen und dabei versuchen, sich gute Standorte zu sichern. Hierzu ist es sinnvoll, im Immobilienbereich die entsprechenden Partner zu haben und mit diesen auch zusammenzuarbeiten. Zudem war die Idee, die Immobilienbranche dahingehend zu schärfen, dass wir ein verlässlicher Partner für die Zukunft sind, zumal wir der größte aktive Gesundheitsdienstleister in diesem Land sind. Die Referenten und Investoren aus der Immobilienbranche haben durch die Veranstaltung ein ganz anderes Verständnis dafür entwickelt, welche Player am Fitnessmarkt sind, wie innovativ diese sind und wie man Fitness als Ergänzung in Mixeduse- Immobilien integrieren kann. Sie haben zudem auch neue Konzepte vorgestellt und der Fitnessbranche damit Denksportaufgaben gestellt, u. a., um lebendige Konzepte für den Außenund Innenbereich zu entwickeln. Aufseiten der Fitnessbranche waren viele Stimmen, die gesagt haben: „So ein innovativ-kreatives Event haben wir gebraucht.“
body LIFE: Rund um nachhaltige Immobilien und lebendige Konzepte hat sich die Begrifflichkeit der ESG-Kriterien etabliert. Worum handelt es sich hierbei genau?
Jörg Hidding: Die ESG-Kriterien kommen aus dem angelsächsischen Bereich. Das „E“ steht für Environment, also Umwelt, das „S“ für Social, bedeutet Soziales, und das „G“ für Governance, was die Aufsichtsstrukturen beinhaltet. Die Fitnessbranche zahlt auf das Soziale ein, weil es da um Mitarbeiter, Sicherheit, Gesundheit, demografischen Wandel und auch Ernährung geht. Auf dem Summit wurde auch deutlich, dass das eine Chance für die Fitnessbranche als aktiver Gesundheitsdienstleister ist. Demnach könnten all diejenigen, die in einer Immobilie arbeiten, mit Training, Ernährung, aber auch Stressmanagement versorgt werden. Bisher waren große Immobilienunternehmen und -fonds skeptisch gegenüber dem Thema „Fitness“ eingestellt, da dieses Auswirkungen auf das Rating und die Veräußerung gehabt habe. Doch das dreht sich jetzt ein wenig, wie an einem Beispiel deutlich wird: Die Patrizia AG als einer der großen Player hat kürzlich eine Mixeduse- Immobilie mit ca. 25 000 m² Nutzfläche für einen Publikumsfonds in Heidelberg erworben. Und dort ist ein Studio der Pfitzenmeier Unternehmensgruppe integriert.
body LIFE: Ein wichtiges zukünftiges Thema ist der „Mietvertrag“. Warum?
Jörg Hidding: Viele Betreiber waren froh, einen guten Mietvertrag abgeschlossen zu haben, aber die Immobilienund Mietpreise sind explodiert. Es ist wichtig, jetzt vorausschauend zu agieren und zu überlegen, was ich mache, wenn der Vertrag in ein, zwei oder drei Jahren ausläuft. Neben den gestiegenen Mietpreisen ist wichtig zu wissen, dass bei getätigten Investments die Abschreibungszeiten beachtet werden müssen. Zudem ist die Nachfolgeregelung sehr relevant. Ich kann einen Fitnessclub in einer gemieteten Immobilie aber nur verkaufen, wenn der Mietvertrag noch eine gewisse Laufzeit hat; idealerweise zehn oder mehr Jahre.
body LIFE: Was sollte bei Mietvertragsverhandlungen beachtet werden?
Jörg Hidding: Als Betreiber und Berater zugleich bin ich schon ziemlich früh in der Pandemie an meinen Vermieter herangetreten, wohl wissend, dass uns das Thema länger beschäftigen wird. Aufgrund des möglichen Verlusts von 30 bis 60 Prozent der Mitglieder habe ich Stundungen und Mietkürzungen erbeten – doch der Vermieter wollte mir die Daumenschrauben enger anlegen. Ich habe ihm verdeutlicht, dass ich dann Insolvenz anmelden müsste, da ich privates Geld nicht hinzugefügt hätte. Unsere wirtschaftliche Leistungsfähigkeit war eingeschränkt und die Staatshilfen konnten das auch nicht vollständig ausgleichen. Keiner hat eine so hohe Umsatzrendite. Deswegen muss ähnlich wie im Einzelhandel vorgegangen werden: das Mietniveau herabsetzen und es im Laufe der Zeit wieder sukzessive anpassen.
Keine Frage, das sind harte Verhandlungen, die eine gewisse Stressstabilität voraussetzen. Die großen Immobilienunternehmen und -fonds stellen sich anfangs möglicherweise quer, aber das ist eine noch nie dagewesene Situation. Deshalb kann ich nur eindringlich raten, den Vermietern transparent zu erläutern, wie unser Businessmodell funktioniert. Intensivieren Sie den Dialog mit den Vermietern, nehmen Sie sie mit ins Boot, bauen Sie keine Kontraposition auf und liefern sie betriebswirtschaftliche Fakten – dann haben Sie eine gute Verhandlungsbasis.
body LIFE: Ein anderer wichtiger Faktor ist der Standort. Was gibt es hierbei zu beachten?
Jörg Hidding: Meine Clubs sind in Frankfurt am Main – einer Pendlerstadt, in die es täglich 600 000 Arbeitnehmer zieht. Es ist doch klar, dass viele aufgrund des Homeoffice ihre Mitgliedschaft kündigen. Es gibt also eine Verschiebung. Manche Standorte haben unglaublich gelitten, wie bspw. in den Shoppingstraßen, wohingegen die Clubs im Wohnumfeld und in der Nähe von Vollversorgern sehr wahrscheinlich partizipiert haben. Stadtteillagen sind deshalb begehrter denn je. Das heißt, die Leute bewegen sich in einem Umfeld, das innerhalb von fünf Gehminuten erreichbar ist. Natürlich hatten wir jetzt eine Delle, aber die großen Ketten werden auch wieder in den Innenstädten expandieren. Dazu kommt noch eine andere Entwicklung: große Arbeitgeber, die ihre eigenen Corporate-Health-Clubs betreiben oder auf Clubs in unmittelbarer Nähe zurückgreifen werden.
Die zwei wichtigsten Faktoren für die Betreiber sind der Standort und der Mietvertrag. Ich kann nur daran appellieren, dass sich die Betreiber um die Themen kümmern. Wie ist der Standort? Wie entwickelt sich das Umfeld um den Standort in den nächsten Jahren? Das heißt, blicken Sie in die Zukunft und schauen Sie sich das Umfeld genau an, also: Wo wird gebaut? Welche Firmen kommen in die Umgebung? Etc. Wenn Sie einen Vertrag für die nächsten zehn Jahre abschließen, sollten Sie nach Möglichkeit jetzt schon wissen, was die nächsten zehn Jahre in Ihrem Umfeld passiert.
body LIFE: Was ist für den 2. Fitness Real Estate + Investment Summit geplant?
Jörg Hidding: Dieser wird Ende November an 1,5 Tagen gemeinsam mit der FitnessConnected im Rahmen der ISPO stattfinden. Die ISPO ist seit über 30 Jahren die größte Sportartikelmesse der Welt und damit eine unglaubliche Plattform, mit der wir eine ganz andere Message in den Markt geben können, nämlich: Wir sind nicht Freizeit, sondern wir sind Sport.
Wir entwickeln den Summit weiter. Zusätzlich zum Vortragsprogramm wird es auch Workshops geben, u. a. zum Thema „Mietverträge & Laufzeiten“. Zudem veranstalten wir auch einen Innovationsworkshop, an dem Vertreter von Investoren-, Immobilien- und Fitnessseite teilnehmen werden. Wir denken zudem an nicht vorterminierte Businessmeetings, wo sich Vermieter und Mieter kennenlernen und auch schon konkret über Standorte reden können. Speaker von führenden internationalen Maklerhäusern, von internationalen Shoppingcenter-Betreibern, aus dem Bankenbereich und eine Ikone aus dem Fitnessbereich werden vor Ort sein.
Foto: Jörg Hidding