Gesundheitsnetzwerke sinnvoll nutzen
Interview mit Markus Rauluk, Inhaber von Medical Active International
Um nach der Coronapandemie durchzustarten, wird es für Fitnessund Gesundheitsanbieter sowie Physiotherapeuten immer wichtiger, sich mit Kompetenz und Leistungsfähigkeit erkennbarer auszurichten und Lösungen für die Gesundheitsbedürfnisse bestehender und potenzieller Mitglieder anzubieten. Um die qualitative Positionierung zu stärken, können Gesundheitsunternehmen lokale Empfehlungsnetzwerke mit Ärzten und weiteren Gesundheitspartnern einbinden. body LIFE hat Markus Rauluk, Inhaber von Medical Active International, zur aktuellen Entwicklung dieser Netzwerke befragt.
body LIFE: Warum sind Gesundheitsnetzwerke für Fitnessstudiobetreiber so wichtig geworden?
Markus Rauluk: Der Altersdurchschnitt der Bevölkerung steigt kontinuierlich. 50 Prozent sind bald zwischen 40 und 80 Jahre alt. Demografisch bedingt entstehen hier also neue, sehr interessante Zielgruppen mit ganz eigenen Ansprüchen und Bedürfnissen. Hinzu kommt: Durch die Coronapandemie sind immer mehr Menschen für die Themen „Gesundheit“ und „Immunsystem“ deutlich stärker sensibilisiert als bisher. Daher können all die Unternehmer, die diese Zielgruppen für sich als Mitglieder gewinnen wollen, in Zukunft auf Gesundheitsnetzwerke kaum noch verzichten.
body LIFE: Was muss ein Unternehmer beachten, wenn er seine Positionierung mit einem Gesundheitsnetzwerk stärken möchte?
Markus Rauluk: Zunächst muss er wissen, welche Bedürfnisse seine Zielgruppe hat und wie er diese befriedigen kann. Eine wichtige Rolle spielt in diesem Zusammenhang zum Beispiel auch der Mitgliedsbeitrag, den er erzielen möchte. Warum? Weil man eine gute Betreuung nicht mit einer Low-Budget-Kalkulation leisten kann. Um diese Zielgruppe erreichen zu können, muss ich von ihr als Gesundheits- und Qualitätsunternehmer wahrgenommen werden. Es geht also auch um die Erkennungsmerkmale meiner Kompetenz.
Neben meiner gesundheitlichen Ausrichtung, der Ausbildungsqualität der Mitarbeiter und der Ausstattung der Räumlichkeiten kann der Aufbau eines lokalen Netzwerkes aus Ärzten und weiteren Gesundheitspartnern die Positionierung sehr gut unterstützen und helfen, die anvisierten Zielgruppen besser zu erreichen.
body LIFE: Gibt es Beispiele für die Merkmale dieser Zielgruppen und was haben diese mit der Arztpraxis als Netzwerkpartner zu tun?
Markus Rauluk: Bezogen auf die Arztpraxis, ist ein wesentliches Merkmal dieser Zielgruppe die Besuchshäufigkeit. Menschen mit wenig Bezug zu eigenverantwortlichen Bewegungsaktivitäten besuchen Arztpraxen aus medizinischer Sicht oftmals wegen Kleinigkeiten, die häufig durch einen Mangel an Bewegung ausgelöst werden. Viele Besuche wären also vermeidbar, würde man gezielt eigeninitiativ unter qualitativ kompetenter Betreuung trainieren. Medical Active hat zum Thema „Besuchshäufigkeit“ drei relevante Zielgruppen im Fokus:
Die erste Zielgruppe sind Menschen, die sich im Job und/oder der Familie sehr stark engagieren. Diese Patienten wollen oftmals, dass der Arzt nochmals „nachschaut“, um nach Möglichkeit schneller wieder fit zu werden. Der oftmals vermutete Wunsch nach einer Krankmeldung ist dabei nicht der Grund für häufigere Arztbesuche. Es geht vielmehr darum, die Arbeitskollegen nicht länger als nötig krankheitsbedingt im Stich zu lassen oder gar die Familie zu vernachlässigen. Zweitens: Menschen, die fit im Alter sind. Die Hauptmotivation dieser Menschen für Arztbesuche ist eine Kombination aus Vorsicht und Qualitätsdenken.
Sie sind offen für kompetente Empfehlungen beispielsweise für Qualitätsanbieter, bei denen sie sich fit und gesund halten können. Möglicherweise haben sie Angst, sich ohne oder bei falscher Betreuung unnötigen gesundheitlichen Risiken auszusetzen. Die dritte Zielgruppe sind Menschen, die im Alter einsam sind. Sie besuchen die Arztpraxis oft aus sozialen Gründen wie Einsamkeit und weniger aus medizinischen Gesichtspunkten. Sie sind möglicherweise vom Ehepartner getrennt, haben nur wenig Kontakt zur Familie und zu Nachbarn. Ihnen würde also Bewegung in einem angenehmen Umfeld unter Gleichgesinnten aus gesundheitlichen sowie auch aus sozialen Gründen guttun. Bewegungsmangel kann demnach ein Grund für die gestiegene Besuchshäufigkeit dieser drei Gruppen sein.
body LIFE: Mit welchen Ärzten lohnt es sich als Fitnessstudiobetreiber, zu kooperieren?
Markus Rauluk: In der Fitness- und Gesundheitsbranche denkt man beim Stichwort Arzt fast immer an den Hausarzt oder den Orthopäden. Das geschilderte Problem betrifft aber Arztpraxen sämtlicher fachlicher Ausrichtungen aus unterschiedlichsten Gründen. HNO- und Zahnärzte, Kardiologen, Gynäkologen, Urologen, Apotheker und Therapeuten – die Anzahl der Fachbereiche ist theoretisch unbegrenzt, da das Thema „Bewegungsmangel“ fast überall eine ursächliche Rolle spielen kann. Dementsprechend sind lokale Medical-Active- Empfehlungsnetzwerke breit und vielfältig aufgestellt.
body LIFE: Warum sollte ein Arzt das Thema „Bewegung“ in seine Patientenberatung miteinbeziehen und was ist aus Ihrer Erfahrung dabei seine Motivation?
Markus Rauluk: Priorität hat immer der Patientennutzen. Es geht um Empfehlungen für die Patienten, die interessiert daran sind, wie Sie eigenverantwortlich und präventiv etwas für sich tun können, insbesondere bevor sie überhaupt krank werden.
Durch gezieltes, eigenverantwortliches Training kann die Beweglichkeit verbessert, das Immunsystem gestärkt und so der Genesungsprozess beschleunigt werden. Belastbare Patienten können je nach Ausgangssituation schneller regenerieren und länger gesund bleiben. Einfach ausgedrückt: Wer fitter ist, hat ein stärkeres Immunsystem und ist seltener krank. Wichtig ist eine dauerhafte Verantwortung für eigeninitiatives Präventionstraining.
Als Nebeneffekt kann die Wirtschaftlichkeit einer Praxis positiv beeinflusst werden – Ärzte in Deutschland, der Schweiz, Österreich etc. unterliegen oftmals einschränkenden Regelungen bezüglich der Abrechnung von zu häufigen Praxisbesuchen. Hierbei geht es nicht um erforderliche, sondern um vermeidbare Praxisbesuche. Diese sind dann vermeidbar, wenn Menschen durch Präventionstraining längerfristig fitter sind.
body LIFE: Bei Unternehmern der Fitness- und Gesundheitsbranche gibt es in Bezug auf Ärzte oft noch Vorbehalte und Fehlinterpretationen. Wie passen Ärzte, Fitness- und Gesundheitsunternehmer und Gesundheitstraining eigentlich zusammen?
Markus Rauluk: Vorurteile und Denkmuster wie der Arzt als „Gott in Weiß“ oder „Nimmt mich ein Arzt überhaupt ernst?“ sind uns bekannt. Diese sind aber heutzutage meistens unzutreffend. Neben der Weiterentwicklung medizinischer Sichtweisen zu gezielten Bewegungsaktivitäten spielt hier auch der sogenannte Generationenwechsel bei Medizinern eine wichtige Rolle. Ärzte der neuen, jüngeren Generation sind oftmals selbst sehr sportlich unterwegs. Sie kennen den Sinn von eigenverantwortlichen Bewegungs-, Beweglichkeits- und Trainingsaktivitäten im Anschluss an die vorgeschaltete Therapie oder Genesungszeit. Sie sehen also den kooperativen Ansatz.
Medical Active liefert Erfahrungswerte sowie erprobte Abläufe und Tools, die den effizienten Aufbau möglich machen. Die Tendenz zur Besuchshäufigkeit wächst seit Langem. Die Coronazeit hat durch Falschmeldungen und zum Teil überzogene Maßnahmen viele Menschen verunsichert. Viele – auch die wichtigen – Arztbesuche wurden verschoben.
Wichtige Arztbesuche werden in Zukunft sicher wieder stark zunehmen. Fittere Patienten durch Kooperationen mit qualifizierten Fitness- und Gesundheitsanbietern könnten hier ein Teil der Lösung sein.
body LIFE: Vielen Dank für das Interview!
Foto: Markus Rauluk