Kurz-Interview zu den Corona-Urteilen
Letzte Woche hatten wir Julia Ruch, Inhaberin der aktivKANZLEI, deren Schwerpunkt u. a. auf der Beratung von Fitnessstudios und Trainern liegt, befragt, ob Betreiber gegen die Schließungen klagen sollten und was Sammelklagen bringen. Heute ordnet die Rechtsanwältin die aktuellen Gerichtsurteile ein.
body LIFE: Frau Ruch, letzte Woche haben Sie uns Ihre rechtliche Einschätzung zu der Frage gegeben: „Soll ich gegen die Schließung klagen?“ Ändern die aktuellen Urteile der Gerichte etwas an Ihrer Meinung?
Julia Ruch: Nein, die Gerichtsentscheidungen bestätigen was ich gesagt habe. Die Zeitungen titeln nur reißerisch. Hinzu kommt, dass die Länder bereits auf die Entscheidungen reagiert haben. Die Zeitung „Die Welt“ titelte „Deutsche Fitnessstudios klagen gegen Lockdown und gewinnen.“ und in der „Augsburger Allgemeinen Zeitung“ war zu lesen „Fitnessstudio aus Bayern gewinnt Klage und darf wieder öffnen“. Diese Titel spiegeln das wider, was sonst der „Bild“ vorgeworfen wird: Effekthascherei und Meinungsmache. Denn mit dem Erlass einer einstweiligen Anordnung im Eilverfahren steht eben noch nicht fest, ob der Antragsteller auch im Klageverfahren gewinnen wird. Deswegen gibt es aktuell auch noch keine Urteile. Ein Verwaltungsgericht entscheidet über den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung immer durch Beschluss.
Wenn man weiterliest und insbesondere, wenn man die Artikel bis zum Schluss und auch die Updates liest, bekommt man die Informationen, die man braucht, um die Sache richtig einzuschätzen und zu verstehen. Denn was ist passiert: „Die Welt“ berichtet von einem Eilverfahren in Hamburg. Dort hatte die Fitnesskette „Fitness First“ zunächst vor Gericht gewonnen. Nach dieser Entscheidung im Eilverfahren hat das Oberverwaltungsgericht aber eine weitere Verfügung erlassen, wonach die Studios bis zur Entscheidung in der Hauptsache geschlossen bleiben.
Gleiches in Bayern. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hatte dem Eilantrag eines Studiobetreibers zum Teil stattgegeben, da Individualsport allein und zu zweit und mit demselben Hausstand möglich ist und dies auch für Fitnessstudios gelten muss. Damit ist ein Komplettverbot der Schließung, welches auch 1:1-Training, EMS etc. verbietet, unverhältnismäßig. Dies ergibt sich aus dem Gleichheitsgrundsatz, da sonstige Sportstätten für Individualsport öffnen durften. Die Komplettschließung wurde daher vorerst als unwirksam angesehen. Darauf hat die Bayerische Staatsregierung reagiert und kurzer Hand im Sinne des Gesundheitsschutzes alle Freizeit- und Sportstätten auch für den Individualsport geschlossen. Das hat zur Folge, dass auch das Fitnessstudio nicht – auch nicht in eingeschränktem Rahmen – öffnen darf.