Myofasziale Triggerpunkte
Modell einer individuellen Implementierung eines Trigger-Tools zur Home-Care-Anwendung anhand eines Patientenbeispiels
Patientenbeispiel: 21-jähriger Fußballspieler der U23-Mannschaft des FC Augsburg. Rezidivierende Schmerzen der Lendenwirbelsäule, teilweise ausstrahlend in den jeweiligen Glutealbereich
Trigger-Tool: Triggerdinger „Small Buddy“
Aufklärung über die Ursache des Schmerzes und Erklärung von Triggerpunkten bzw. des myofaszialen Schmerzsyndroms (im Folgenden TrP/MFS)
Im ersten Schritt des Therapieprozesses muss zunächst eine ausführliche Aufklärung des Patienten erfolgen. Doch hierbei besteht bereits die erste Schwierigkeit. Denn obwohl dem Patienten erklärt werden kann, dass sein Schmerz durch sogenannte Triggerpunkte ausgelöst wird, sind deren Ätiologie und Pathogenese stark umstritten.
Laut Univ.-Prof. Dr. med. Christoph Schmitz sind diese nach streng wissenschaftlichen Kriterien letztlich unbekannt (vgl. sportärztezeitung „Triggerpunkte“, 01/2016). Im Gegensatz dazu definiert die Internationale Gesellschaft für Schmerz- und Triggerpunktmedizin e.V. (IGMT) die Ursache für TrP als eine dauerhafte Überlastung einzelner Muskelzellen, infolgedessen eine lokale Entzündungsreaktion ausgelöst wird, aus der letztendlich die Schmerzen resultieren. Dies konnte anhand einer erhöhten Konzentration verschiedener Neuropeptiden, eines erniedrigten pH-Wertes, sowie eines erniedrigten Sauerstoffanteils begründet werden. Nach der Behandlung des TrP normalisierten sich die Konzentration der Entzündungssubstanzen und der pH-Wert. Auch ohne die finale Sicherheit über die genaue Ätiologie und Pathogenese des MFS, lässt sich mit großer Gewissheit sagen, dass eine Reihe von Schmerzsymptomatiken durch TrP verstärkt wird, rezidivierend auftritt oder überhaupt erst entsteht.
Ähnlich war es beim oben genannten Beispiel: Der Patient wies beidseits eine Vielzahl von TrP der Mm. gluteus maximus et medius auf, die zwar unlängst behandelt wurden, aber seit dem Zeitpunkt der Schmerzfreiheit unbeachtet gelassen worden sind. Zusätzlich zeigte der Patient eine starke Dysbalance zwischen ventraler und dorsaler Kette, wobei die letztgenannte eine deutliche Schwäche aufwies. Dem Patienten wird das Wesentliche des Befundes erläutert und die Thematik des MFS nähergebracht.
Anleitung und Durchführung der Selbstbehandlung
Anschließend erfolgt die individuelle Anleitung. Hierzu werden zunächst die entsprechenden TrP vom Therapeuten palpiert. Um sicherzugehen, dass der Patient das Gefühl einer korrekten Triggerpunktbehandlung bekommt, werden jene anfänglich manuell behandelt. So kann der Patient in der späteren Home-Care-Anwendung selbstständig einschätzen, ob er die Verspannung adäquat behandelt. Anschließend wird die passende Ausgangsstellung für die jeweilige Symptomatik gewählt, das Trigger-Tool in die richtige Position gebracht und mit der Selbstbehandlung begonnen. Währenddessen wird erläutert, wie die Struktur auf den gleichbleibenden Druck reagiert, mögliche Korrekturen an der Ausgangsstellung bzw. an der Position des Tools vorgenommen oder Fragen des Patienten geklärt.
Beim o.g. Fußballspieler werden die TrP beidseits im Bereich der Mm. gluteus maximus et medius palpiert und zur Demonstration manuell behandelt. Der hier aufgebaute Druck wird so lange gehalten, bis der Patient eine Linderung des Schmerzes äußert und der Therapeut ein tieferes Einsinken ins Gewebe feststellt. Diese Aspekte gelten auch für die später folgende Selbstbehandlung als essenzielle Kriterien einer erfolgreichen Durchführung. Die entsprechenden Ausgangsstellungen für die Lokalisation der TrP sind in Rückenlage für den M. gluteus maximus und in Seitlage (evtl. leichte Tendenz in Richtung Rückenlage) für den M. gluteus medius. Daraufhin wird der „Small Buddy“ (Triggerdinger) an der Stelle positioniert, die zuvor vom Therapeuten behandelt wurde. Wie oben bereits erwähnt, wird der Druck gehalten, bis sich der Schmerz minimiert und der „Small Buddy“ tiefer in das Gewebe einsinkt.
Fazit
Die Implementierung eines Trigger-Tools zur Home-Care-Anwendung bietet eine hervorragende Möglichkeit für Patienten und Sportler, um akute oder rezidivierende Schmerzsymptomatiken eigenständig zu behandeln. Um eine fehlerhafte Anwendung zu vermeiden, sollte dies nur nach einer sorgfältigen Befundung und einer individuellen Anleitung durch den Therapeuten erfolgen. In Anlehnung an Univ.-Prof. Dr. med. Christoph Schmitz (vgl. sportärztezeitung „Triggerpunkte“, 01/2016) sollten Triggerpunkte bereits behandelt werden, bevor Schmerzen auftreten.
Grund dafür ist, dass auch latente Triggerpunkte wichtige, sportlich wesentliche Faktoren wie Propriozeption und Muskelaktivitätsmuster negativ beeinflussen, sowie zu einer Schwäche entsprechender Muskelgruppen bzw. funktioneller Ketten führen. Gerade bei Sportlern im Bereich Fußball, die häufig starke muskuläre Dysbalancen zwischen ventraler und dorsaler Kette (Schwäche der dorsalen Kette) aufweisen, ist neben adäquater Kräftigung eine entsprechende Selbstbehandlung mit Trigger-Tools vonnöten, um einen weiteren Verlust der Muskelkraft zu verhindern bzw. die Stärke der ventralen Kette auszugleichen. Folglich sollte parallel zur Triggerpunktbehandlung eine gezielte Dehnung sowie Kräftigung erfolgen, wobei hier der Fokus der Dehnung besonders auf der ventralen Kette liegen sollte, während die dorsale Kette intensiv gekräftigt werden sollte.
Diese Kombination von Anwendungen führt nicht nur zu einer Linderung oder Eliminierung der Schmerzen, sondern zugleich zu einer Prophylaxe von Verletzungen, die aufgrund muskulärer Dysbalancen entstehen.
Jakob Thanner
ist Physiotherapeut, Lymphtherapeut, Manualtherapeut i.A. und arbeitet im Therapiezentrum „Die Körperwerkstatt“ in Augsburg.
Der Originalartikel von Jakob Thanner ist 2021 erstveröffentlicht auf www.sportaerztezeitung.com