Scheitern gehört zum Erfolg
Interview mit Sebastian Wagner, Inhaber der fitbox Karlsruhe Pfinztalstraße
Sebastian Wagner ist Betriebswissenschaftler, hat seinen Job als Führungskraft im Vertrieb an den Nagel gehängt und vor knapp einem Jahr in Karlsruhe eine „fitbox“ eröffnet. Im Interview spricht er über die Hintergründe seiner Entscheidung und über Vor- und Nachteile von Franchisesystemen. Außerdem gibt er jede Menge Tipps für potenzielle Gründer.
body LIFE: Sebastian, du hast vor knapp einem Jahr in Karlsruhe eine „fitbox“ eröffnet. Wie kam es dazu und wo hast du vorher gearbeitet?
Sebastian Wagner: Bevor ich das Studio eröffnete, war ich außerhalb der Sportbranche als Führungskraft im Vertrieb angestellt. Ich komme also ursprünglich aus der Betriebswissenschaft. Der Job brachte zwar gutes Geld, ich hatte allerdings keine Freizeit mehr und konnte meinem Hobby, dem Sport, nicht mehr nachgehen. Mit dem Thema „Boutique-Studio“ und dem EMS-Konzept von „fitbox“ bin ich über einen ehemaligen Arbeitskollegen in Berührung gekommen, der schon 2016 ein entsprechendes Studio eröffnet hat. Ich habe mich dann ausführlich über Boutique-Studios und den EMS-Markt informiert. Eine große Sportanlage kam für mich nicht infrage, da der Markt sehr hart umkämpft ist. Ein Boutique-Studio zu eröffnen, passte für mich von der betriebswirtschaftlichen Seite her, da einfach nicht so hohe Investsummen benötigt werden. Ich habe mich bewusst für ein EMS-Studio entschieden, weil sich dieses an den heutigen Bedürfnissen orientiert. Ich habe also quasi mein Hobby zum Beruf gemacht.
body LIFE: Wie bist du bei der Planung vorgegangen?
Sebastian Wagner: Ich habe mich zunächst gut informiert und Menschen, die mich gut kennen, nach ihrer Meinung gefragt. Man muss sich auch mal selbst hinterfragen und von anderen ein Feedback einholen – also ob sich Leute, die dich kennen, vorstellen können, dass die Selbstständigkeit oder ein Franchisesystem etwas für dich ist. Eine externe Beratung habe ich nicht eingeholt. Wenn man aber außerhalb eines Franchisesystems ein Fitnessstudio gründen möchte, würde ich empfehlen, einen Unternehmensberater mit Fachrichtung Gründung einzuschalten.
body LIFE: Warum hast du dich für ein Franchisesystem entschieden?
Sebastian Wagner: Der Fitnessmarkt ist ein sehr umkämpfter Markt. Für mich war daher relativ schnell klar, dass ich mit einem Franchisesystem arbeiten möchte. Der Vorteil ist, dass es schon eine gewisse Marktpräsenz gibt. Außerdem werden hier beispielsweise Themen wie „Marketing“, „Corporate Identity“ und „Konzept“ schon vorgegeben. Ich bin vom Typ her keine Kreativrakete und muss mich daher nicht komplett selbst verwirklichen. Ich kann also sehr gut damit leben, dass ich gewisse Vorgaben habe. Das Franchisesystem bietet außerdem einen gewissen Support, aber ich habe trotzdem noch unternehmerische Freiheiten. Ich wollte außerdem nie „selbst und ständig“ arbeiten und dementsprechend baue ich mein Studio gerade, gemeinsam mit meinem Team, auf. Unser Ziel ist es deshalb von Anfang an, Trainingserlebnisse zu schaffen, unabhängig davon, welcher Trainer welches Mitglied trainiert.
body LIFE: Wie viel hast du investiert?
Sebastian Wagner: Ich habe rund 100.000 Euro investiert. Die Investitionssumme ist aber von verschiedenen Faktoren wie Standort, Größe oder Umbau abhängig.
body LIFE: Was sind aus deiner Sicht die Nachteile eines Franchisesystems?
Sebastian Wagner: Wichtig ist, sich vorher bewusst zu sein, welcher Typ Mensch man ist. Wenn man lieber alles selbst machen und sich verwirklichen möchte, dann wird man sich mit einem Franchisesystem schwertun. Es gibt gewisse Vorgaben, an die man sich halten muss, und je nach System gibt es auch ein Controlling. Als weiteren Nachteil beim Franchise sehe ich, dass es sehr viele Systeme gibt, da der Boutique-Studio-Markt gerade boomt. Man sollte sich das System hinsichtlich der Zahlen genau anschauen, denn es gibt auch Systeme, bei denen es schwer wird, selbst Geld zu verdienen.
body LIFE: Hast du weitere Tipps für potenzielle Gründer?
Sebastian Wagner: Ich würde mir von Anfang an sehr genau das Thema „Personal“ anschauen, denn dies ist ein großer, wenn nicht der größte Kostenfaktor. Es ist außerdem sehr schwierig, das Personal zu planen. Ich selbst habe hier auch herbe Rückschläge hinnehmen müssen. Außerdem muss man meiner Meinung nach einen gewissen Background im Fitnessbereich mitbringen, denn man sollte gegenüber den Mitarbeitern und den Mitgliedern Kompetenz ausstrahlen. Der dritte Tipp, den ich geben kann, ist, sich intensiv mit dem Vertrieb auseinanderzusetzen. Egal, ob es eine Promotion ist oder ob es über Probetrainings läuft – das A und O ist am Ende der Abschluss eines Vertrages und die Generierung von Leads. Am Ende vom Tag zählen immer nur die Zahlen.
body LIFE: Wie sind die ersten Monate nach der Eröffnung deines Boutique Studios gelaufen? Gab es Probleme oder lief alles nach Plan?
Sebastian Wagner: Die ersten Monate waren sehr spannend. Wir haben wirklich alles mitgemacht. Zunächst hatten wir massive Probleme mit der Finanzierung, durch die sich die Umbauphase von 12 auf 4,5 Wochen verringerte. Das konnte ich letztendlich nur durch viel Arbeit und mithilfe von Freunden und Familie stemmen. Nach der Eröffnung lief es sehr gut an. Hier haben wir sogar die Auszeichnungen „Best Newcomer fitbox“ und „Bester Vertrieb“ erhalten. Wir sind also mit sehr guten Zahlen gestartet, haben aber dann Probleme im Bereich Personal bekommen. Einmal gab es einen Vertrauensbruch, der eine sofortige Kündigung nach sich zog. Zwar konnte ich das am Anfang nicht absehen, aber ich habe definitiv personelle Fehlentscheidungen getroffen. So ein Scheitern gehört aber einfach dazu, wenn man erfolgreich werden möchte. Und man muss sich immer wieder vor Augen halten: Wenn eine Gründung einfach wäre, würde es jeder machen. Es wird niemanden geben, der ein Studio eröffnet, das von Anfang an ein Selbstläufer ist.
body LIFE: Hattest du zwischendurch auch Zweifel an dem Projekt Boutique- Studio?
Sebastian Wagner: Natürlich habe ich auch mal überlegt, ob ich alles hinschmeiße, mich aber doch wieder aufgerafft und weitergemacht. Bei Rückschlägen zeichnet sich aus, ob man ein Macher ist oder nicht – also ob man nach vorne blickt und eine Lösung findet oder ob man aufgibt. Man darf sich aber auch nie zu fein sein, um in solchen Momenten Hilfe einzufordern. Bei der Gründung kommt man um Fehler nicht drum herum und es ist ein Lernprozess. Auch bei mir werden sicherlich noch Herausforderungen kommen, die es zu meistern gilt.
body LIFE: Wie siehst du die Zukunft von Boutique-Studios? Gibt es hier noch viel Potenzial?
Sebastian Wagner: Meiner Meinung nach wird der Boutique-Studio-Markt noch weiterwachsen. Wie groß er im Vergleich zu den Multisportanlagen werden wird, ist für mich noch nicht absehbar. Der Trend geht aber immer mehr zum Personal- und Gruppentraining. Ich sehe im Boutique-Studio- Markt große Chancen für Gründer.
body LIFE: Planst du, in Zukunft noch weitere Studios zu eröffnen?
Sebastian Wagner: Definitiv! Aber ich werde mir dazu Zeit nehmen. Mein erstes Studio sollte erst einige Zeit gut und stabil laufen. Bevor man expandiert, sollte man sich immer jemanden suchen, der besser ist als man selbst. Das ist das Erfolgsrezept der ganz Großen, es kostet allerdings Geld. Deshalb muss das erste Konzept stabil stehen, damit man sich so jemanden mit ins Boot holen kann.
body LIFE: Sebastian, vielen Dank für das Interview und weiterhin viel Erfolg!
Foto: Sebastian Wagner