So wird Fitness in der Zukunft aussehen
Diese Thesenbildung fokussierte vier Fragestellungen: Was wird in Zukunft eigentlich unter dem „Dach Fitness“ angeboten und nachgefragt? Wer wird Fitness nachfragen? Wo wird Fitness nachgefragt und ausgeübt? Welche Produkte und Leistungen werden mit der Nachfrage nach Fitness einhergehen? Auf dieser Grundlage sollen nun weiterführende Ansätze entwickelt werden. Diese Ansätze zeigen mögliche Wege, wohin sich Fitness in der Zukunft entwickeln kann. Es geht darum, Bilder und Zukunftsszenarien zu skizzieren, um damit neue Impulse für den Marketingmix eines Fitnessstudios zu geben.
Wie bei einem mehrteiligen Blockbuster, ist auch im Fall der Serie „Fitness in der Zukunft“ der abschließende Teil der mit Abstand schwierigste – und wenn man so will: der gewagteste. Die Zukunft vorherzusagen, ist unmöglich. Sie zu beschreiben, ist schwierig und somit auch nicht immer zwingend zutreffend und verlässlich – der tägliche Wetterbericht ist das beste Beispiel.
Insofern erheben die folgenden Gedanken keinen Anspruch auf uneingeschränkte Gültigkeit und Reliabilität, sondern sollen als Denkanstöße angesehen werden. Es geht darum, Bilder zu skizzieren. Bilder, die zeigen, wie Fitnessstudios in der Zukunft aussehen können, wo Fitnessangebote platziert und umgesetzt werden und wie neue Zielgruppen durch neue Angebotsstrukturen angesprochen werden. Diese Bilder sollen neue Impulse für eine zukunftsweisende Ausrichtung von Fitness allgemein und Fitnessstudios im Speziellen bieten.
Fitness „on the go“
Wie schon bei der Vorstellung gesellschaftlicher Megatrends dargestellt, gewinnen sogenannte Third Places mehr und mehr an Bedeutung. Third Places sind Orte, die Menschen nutzen, um von einem zum nächsten Ort zu gelangen: Bahnhöfe, Flughäfen, Busse und Bahnen sowie Einkaufszentren oder Raststätten an Autobahnen – alles typische Zwischenstopps auf dem Weg. Menschen wollen nicht länger nur im Zug oder am Bahnhof sitzen. Sie wollen die Zeit sinnvoll und gemäß ihrer Interessen nutzen. Hier bietet sich Fitness als ideale Lösung an.
Warum nicht die Wartezeit am Bahnhof durch ein Workout im Studio verkürzen? Warum nicht den Rückweg von der Arbeit durch ein Training verlängern? Warum nicht die Pause am Rastplatz durch ein Training auflockern? Gewichte heben, statt in der Wartehalle sitzen. Der Mensch muss keine Umwege mehr gehen, um zu seinem Studio zu gelangen. Das Studio kommt zum Menschen, es begegnet ihm auf seinem Weg. Ein einheitliches Mitgliedschaftsmodell mit fixen monatlichen Beiträgen mag für einen derartigen „On-the-go-Kunden“ vielleicht als unpassend erscheinen. Ein Studio kann sich aber auf diesem Weg eine neue Art der Kundschaft aufbauen – „Laufkundschaft“ im wahrsten Sinne des Wortes. Unabhängig vom Mitgliedschaftsmodell: Zukunftsweisende Fitness kommt zu den Menschen. Die Menschen werden dort abgeholt, wo sie ohnehin schon sind. Fitness im ICE, Fitness am Flughafenterminal oder Fitness am Autohof. All das sind Beispiele, wo Fitness in der Zukunft stattfinden kann.
Ein Studio ist nicht länger als ein Ort zu sehen, zu dem die Menschen hinkommen. Ein Studio muss integrativer Bestandteil im Leben seiner Kunden und Nachfrager werden. Damit werden Standortentscheidungen in Zukunft zu einem noch erfolgskritischeren Faktor. Zusätzlich muss berücksichtigt werden, dass durch digitale Angebote das Begleiten der Menschen in Zukunft noch einfacher, aber auch zwingend notwendiger wird. Fitnessstudios werden in der Zukunft mehr denn je die Rolle eines Begleiters und Beraters einnehmen und sind nicht länger reine Bereitsteller von Hanteln, Gewichten und Maschinen. Studios sollten sich die Fragen stellen, wo ihre Kunden im normalen Leben anzutreffen sind und wo eventuell neue Kundengruppen angesprochen und mit entsprechenden Angeboten adressiert werden können.
Entwicklung vom Fitnessclub zum Lifestylecenter
Fitness ist nicht länger als Streben nach Gesundheit oder körperlichen Schönheitsidealen zu verstehen. Die Nachfrage nach Fitness wird in Zukunft mehr und mehr zu einer ganzheitlichen Lifestylenachfrage. Entsprechend sollten Fitnessstudios über ihre Angebotspalette nachdenken und ihr Produkt- und Leistungsportfolio Schritt für Schritt erweitern. Fitnessstudios werden in Zukunft zu Anlaufstellen für eine ganzheitliche Lebensausrichtung der Menschen. Sport und Fitness werden nicht mehr als einzelne und isolierte Bestandteile des Lebens gesehen, sondern Menschen möchten einen umfassenden und ganzheitlichen Fitnesslifestyle führen.
Gerade dieser Gedanke lässt sich hervorragend verbildlichen: Stellen Sie sich ein Fitnessstudio vor, in dem die Menschen nicht nur Sport treiben, sondern in dem die Menschen auch die typischen Anschlussprodukte an die Fitness nachfragen und aus einer Hand angeboten bekommen: Ernährungsberatung und Kochkurse, Typ- und Stilberatung sowie damit verbundene Produkte wie zum Beispiel Kleidung und Accessoires, Personalitycoachings, Angebote zur Karriereplanung und Berufsberatung für jüngere Zielgruppen, Angebote von Tagestrips und gemeinsamen Ausflügen … all das sind typische Lifestyleelemente, die mit dem Ziel eines gesunden und fitten Köpers einhergehen. Insofern sollten sich Fitnessstudios intensiv mit den Fragen auseinandersetzen, welche Themen für sie besonders relevant sind und wie entsprechende Angebote ausgestaltet werden können. Fitnessclubs müssen sich weg von einer singulären, hin zu einer umfassenden und vielschichtigen Angebotspalette entwickeln. Die Entwicklung führt von einer monothematischen Expertise hin zu einem ganzheitlichen Generalismus.
Um diesen Gedanken umzusetzen, erscheinen in einem ersten Schritt Kooperationen mit anderen Organisationen unumgänglich. Durch eine intensivierte Netzwerkarbeit und entsprechende Kooperationsvereinbarungen sollte dieser Schritt aber kein Hindernis sein. Spannend ist die Frage, welche Angebote und wie viele Angebote dieser Art durch ein Fitnessstudio in Zukunft wirklich nachhaltig am Markt positioniert werden können. Der Trend und die damit einhergehende Nachfrage sind klar erkennbar. Die Ausgestaltung des Angebots und die damit verbundene Positionierung am Markt werden schlussendlich jedoch die Königsdisziplinen auf dem Weg zum Lifestylecenter der Zukunft sein.
Social Fitness anstelle Einzeltraining
Das dritte und abschließende Bild der Fitness in der Zukunft ist das Bild der Social Fitness. Wie in fast allen Bereichen des Lebens werden auch im Bereich der Fitness bzw. im Bereich der körperlichen Betätigung die sozialen Medien an Bedeutung gewinnen. Menschen teilen schon heute fast alles über die sozialen Medien: Ihre Urlaube, ihre beruflichen Erfolge und Misserfolge, ihren Beziehungsstatus, was sie essen und nicht essen, ihre Launen, ihre politischen Orientierungen und Ansichten … praktisch jeder Lebensbereich wird heutzutage bereits in den sozialen Medien dargestellt und kommentiert. Warum sollte das sportliche Streben hier eine Ausnahme darstellen?
Konkret kann das Folgendes bedeuten: Menschen werden nicht mehr nur noch Sport im Sinne ihrer eigenen körperlichen Fitness und Gesundheit betreiben, sondern möchten die erzielten Ergebnisse und Leistungen auch immer mehr innerhalb ihrer sozialen Netzwerke teilen – entweder aus reinem Interesse an Mitteilung und Selbstdarstellung oder im Sinne des sportlichen Wettbewerbs.
Digitalisierung wird zukünftig zwingend nötig sein
Fitnessstudios sollten den Wunsch der sozialen Mitteilung und Vernetzung ernst nehmen, gezielt unterstützen und fördern – nicht nur durch gute WLAN-Verbindungen und sonstige digitale Infrastruktur, sondern auch im Sinne ihrer Angebote. Beispiele können sehr vielfältig sein: Onlinetrainingspläne, die Studios ihren Kunden zur Verfügung stellen, die direkt über soziale Medien geteilt und kommentiert werden können. Eine Registrierung, die über die sozialen Medien erfolgt, als Grundlage der Vernetzung mit anderen Mitgliedern im Studio. Onlinefähige Geräte, die bei Bedarf per Handykopplung die erbrachten Leistungen direkt auf Social-Media-Plattformen hochladen.
Liveaufnahmen und Livestreaming von Kursen über die sozialen Medien, Verleihen von mobilen Kameras (GoPro etc.), um Mitgliedern eine bessere Dokumentation ihres Trainings zu ermöglichen. Eine Competition-Onlineplattformen, auf denen Mitglieder in vorgegebenen Workouts oder bei einzelnen Übungen oder Geräten gegeneinander antreten und wettstreiten können. Damit einher geht die Vergabe von Onlineauszeichnungen, wie z.B. dem „Trainingsweltmeister“, dem „Most Improved Athlet“ oder sonstigen Auszeichnungen.
All dies sind Beispiele, wie ein Fitnessclub soziale Mehrwerte für seine Mitglieder schaffen kann. Das eigentliche Training soll dadurch natürlich in keiner Weise in den Hintergrund treten. Es soll schlichtweg die Dokumentation über soziale Medien gegenüber Freunden und Bekannten gefördert werden. Training wird dabei wie so viele andere Tätigkeiten und Ereignisse zu einem Social Happening. Fitness wird zu Social Fitness. Im Profisport ist dieser Trend schon deutlich länger zu erkennen.
Zahlreiche Profisportler dokumentieren schon seit geraumer Zeit ihre Trainings- und Workoutroutinen. Erfahrungsgemäß ist es dann nur eine Frage der Zeit, bis solche Dinge auch in den Breiten- und Freizeitsport übergehen und sich auch hier festsetzen. Das Fitnessstudio der Zukunft muss dazu entsprechende Grundlagen bereitstellen.
Fazit
Mit diesen drei Bildern zum Thema „Fitness in der Zukunft“ endet die gleichnamige Serie. Basierend auf den aktuellen und wissenschaftlich fundierten Entwicklungen in unserer Gesellschaft wurde abgeleitet und konkret dargestellt, wie Fitness in der Zukunft aussehen kann. Die Zeit wird zeigen, welche Gedanken sich dabei als richtig und welche sich möglicherweise als falsch erweisen werden. Bei einem Gedanken kann es jedoch keine zwei Meinungen geben: In unserer Gesellschaft, die sich so dynamisch entwickelt und verändert, muss sich jede Organisation und jeder Anbieter von Produkten und Dienstleistungen entsprechend mitverändern und sich immer wieder neu erfinden – kontinuierlicher Wandel als konstantes Merkmal unserer Zeit. Das alte darwinistische Gesetz vom „Survival of the fittest“ gilt heute mehr denn je. Denn klar ist: Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit.
Rainer Fischer absolvierte ein Studium an der Deutschen Sporthochschule Köln im Bereich Sportmanagement und Kommunikation (B.A.) sowie den Masterstudiengang Sportmanagement an der Fakultät für Wirtschaft der SRH Hochschule Heidelberg. Thematische Schwerpunkte lagen in den Bereichen des Markenmanagements sowie der ganzheitlichen organisationalen Neuausrichtung. Er arbeitet gegenwärtig als Consultant für ein renommiertes Forschungs- und Beratungsunternehmen in der Sportbranche. Dabei entwickelt er bedarfsorientierte Problemlösungen für strategische Fragestellungen in der Sport- und Freizeitwirtschaft.
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