Umfrage zur Wiedereröffnung
Ein erstes Fazit nach den Lockerungen
Die Entscheidung des Bundes, als Folge der Coronapandemie die Schließung der Fitnessstudios zu verfügen, stellte viele Studiobetreiber vor große Herausforderungen. Nach Wochen der Ungewissheit lief im Juni die Wiedereröffnung der Fitnessstudios Stück für Stück an. Nun ist es an der Zeit, eine vorläufige Bilanz zu ziehen. Wir haben Studiobetreiber aus ganz Deutschland gefragt, wie sie die letzten Wochen erlebt haben und wie sie und die Mitglieder mit den erteilten Auflagen zurechtkommen.
Johannes Linzenich, Geschäftsführer Linzenich Fitnessgruppe OHG (Nordrhein-Westfalen):
„Anfangs waren Vorsicht und Zurückhaltung deutlich spürbar. Langsam kehrt Normalbetrieb ein. Die besonders Ängstlichen kommen allerdings bis heute nicht, selbst Stammkunden. Überraschenderweise spielt bei den weniger Ängstlichen das Alter keine Rolle. Horst, 84, ein 6-Tage-Trainings- Junkie, war z. B. vom ersten Tag wieder voll dabei. Unsere Neukunden-Sommeraktion startet erfolgreich. Was wir von den Verlusten bis Ende des Jahres auffangen können, ist allerdings noch ungewiss.“
Simon Dellner, Geschäftsführer Quest Club GmbH & Co. KG (Bayern):
„Wir haben ab dem ersten Tag Fitness- und Yogakurse auf unseren Social-Media-Kanälen gestreamt und später Trainings in unserem Outdoorbereich angeboten. Dadurch sind wir im ständigen Kontakt mit unseren Mitgliedern geblieben. Wir in Bayern mussten am längsten auf die Wiedereröffnung warten, haben aber Auflagen erhalten, die umsetzbar sind. Natürlich mussten auch wir viel verändern, trotzdem konnten unsere Mitglieder ab dem ersten Tag das volle Trainingsangebot nutzen. Von Anfang an hatten wir höhere Besucherzahlen als im letzten Jahr zu dieser Zeit. Zu Beginn haben wir sehr viele Mitglieder begrüßt, die während der Coronazeit entweder online oder outdoor mit uns trainiert haben. Seitdem die Duschen und der Wellnessbereich geöffnet sind, vermissen wir kaum noch ein vertrautes Gesicht in unserem Club.“
Christoph Ludwig, Projektleiter Clays Sports Management GmbH (Berlin):
„Wir sind sehr froh über die Öffnung nach zehn Wochen Pause. Ohne Pool und Wellness steht Training im Fokus. Circa 60 Prozent der Besucher kommen, daher gibt es keine Probleme mit der Auslastung. Durch Anforderungen an Hygiene steigen die laufenden Kosten – Reinigung, Desinfektion, Masken. Als Einzelbetrieb ist unsere Kundenbindung sehr eng. Mitglieder können aus Kompensationen wählen; zwei Drittel der Mitglieder nutzen dies. Wer für die Schließung nicht zahlen möchte, ist vom Beitrag befreit. Es gibt auch Mitglieder, die uns den Beitrag schenken. Der Betrieb läuft trotz Sperrungen und „7+1“ im Kurs problemlos, die Kunden sind gelassen und dankbar.“
Frank Böhme, Geschäftsführer Just Fit (Nordrhein- Westfalen):
„Die ersten Wochen nach der Wiedereröffnung waren aufgrund der Vorsicht vieler Mitglieder ein wenig verhalten. Wir, die Just Fit Fitnessclubs, haben alles unternommen, um den behördlichen Auflagen zu folgen und ein angemessenes Training zu ermöglichen. Unsere Mitarbeiter wurden intensiv zum Thema ‚Corona‘ geschult und auch die Hygienevorschriften werden sowohl von den Mitgliedern als auch den Mitarbeitern eingehalten und immer wieder überprüft. Die Mitglieder reagieren auf die Maßnahmen mit großer Solidarität und viel Verständnis und unterstützen uns in dieser Zeit sehr.“
Annemarie Staib, Geschäftsführerin dr.bientzle Gesundheitsclub (Baden-Württemberg):
„Unser Club war nie komplett geschlossen, denn die Physiotherapie- Praxis und das FPZ-Rückenzentrum waren offen. Das Team war also im Einsatz, die Umsetzung der Regeln bei Eröffnung des Fitnessclubs war schon Routine. Unsere Mitglieder waren per wöchentlichem Newsletter immer auf dem Laufenden und sehr positiv gestimmt, denn wir haben renoviert und vieles neu gestaltet. Angenehm überrascht sind wir, dass sich die Mitglieder uneingeschränkt an die Regeln halten und durchaus froh sind, dass wir sie konsequent umsetzen.“
Andy Redner, Geschäftsführer Schaalsee Fitness GmbH (Mecklenburg-Vorpommern):
„Die Zahnräder müssen in der neuen Normalität wieder lernen, ineinanderzugreifen. Mit jeder Lockerung kommt aber auch ein Stück Alltag zurück. Wir und unsere Mitglieder sind froh, als Schaalsee-Fitness-Familie wiedervereint zu sein und gemeinsam an den großen Zielen, die wir uns alle gesetzt haben, zu arbeiten. Unser Blick geht in die Zukunft, denn diese können wir beeinflussen – und wir hoffen, die Zukunft wird überragend.“
Armin und Victor Schwencke, Geschäftsführer Royal Sports Spirit (Hamburg):
„Zunächst war es ein surrealer Schock. Wir hatten plötzlich Mitarbeitermeetings mit Abstand, dann Konzepte mit Unternehmensberatung und Kollegen für Mitgliederanschreiben zwecks Kompensation entwickelt. Darauf haben wir die Politik beobachtet, Mitarbeiter und Kursleiter in Kurzarbeit mit vollem Lohnausgleich gebracht, Online-Streaming-Kurse und Apps als neues Kommunikationsmittel genutzt, die Renovierung des Clubs forciert und Achtsamkeitstraining mit Mitarbeitern durchgeführt, um aus der Krise zu kommen. Nach der Umsetzung der Hygienekonzepte und erneuter Teammotivation hatten wir zehn Prozent Kompensation und etwas mehr Kündigungen. Alle Mitglieder wurden angerufen, um Vorbehalte und Ängste aufzulösen. Mittlerweile sind 65 Prozent der Mitglieder wieder im Training. Das Neukundengeschäft beginnt langsam und wird mit Aktionen und Social Media unterstützt.“
Markus Begerow, Geschäftsführer ULC Management OHG (Bremen):
„Die Gesamtsituation ist von sehr viel, teilweise schwer nachzuvollziehendem Aktionismus geprägt. Die Maßnahmen wirken manchmal unprofessionell und unabgestimmt. Das wird auf dem Rücken der Unternehmen ausgetragen, die das dann kurzfristig umsetzen und auch noch so eine Art Hilfssheriff-Funktion haben sollen. Die Mitglieder waren während der Schließungszeit größtenteils recht verständnisvoll – nach der teilweisen Öffnung dann aber etwas mäkeliger, als die Duschen geschlossen bleiben mussten. Die Stimmung war nach der Wiedereröffnung anfangs etwas gedrückt; bei etwa 35 Prozent der normalen Check-ins. Inzwischen klettern wir langsam wieder in Richtung 80 Prozent. Klar wurde in der Coronazeit auch, dass die Fitnessbranche noch nicht wirklich den Status als Gesundheitsbranche hat, den sie eigentlich verdient hat. Daher ist sicher eine der guten Nachwirkungen der Coronazeit, dass die Branche als Gemeinschaft begonnen hat, sich da besser zu positionieren. Hoffen wir auf Nachhaltigkeit!“
Frank Weber, Geschäftsführer Bella Vitalis GmbH (Rheinland-Pfalz):
„Die ersten Wochen waren, wie erwartet, eine große Herausforderung für unsere Mitarbeiter und auch Mitglieder. Nach zehn Wochen Zwangspause ist es für beide Seite nicht einfach, in die gleichen Abläufe zurückzukehren wie vor der Krise. Viele Mitglieder haben auf die Wiedereröffnung verhalten reagiert. In der ersten Woche sind weniger Menschen ins Training gekommen als erwartet. Von Woche zu Woche steigern sich die Check-in-Zahlen. Als größte Herausforderung sehe ich, die Mitglieder wieder für das Training zu motivieren. Bei vielen ist die Motivation eingeschlafen oder wird durch die Angst vor dem Coronavirus eingebremst. Wenn die Mitglieder aber erst mal wieder bei uns waren, kommen der Spaß und die Motivation schnell wieder zurück. Die Coronaauflagen in den Bella-Vitalis-Clubs sind inzwischen fast alle aufgehoben und nicht mehr spürbar für die Mitglieder. Das Neukundengeschäft ist jetzt der nächste wichtige Punkt. Wir haben von Beginn an wieder Beratungen durchgeführt. Das Interesse der Neukunden ist noch etwas verhaltener als in den Vorjahren, steigert sich aber ebenfalls von Woche zu Woche.“
Michael Schetter, Geschäftsführer In Shape Holding GmbH & Co. KG (Baden-Württemberg):
„Die Besucherfrequenz zeigt bei uns eine direkte Abhängigkeit von der Altersstruktur: Die jüngere Klientel – unter 30 Jahren – ist deutlich weniger ängstlich als die Klientel 40+. Von Woche zu Woche konnten wir einen Anstieg von 50 bis auf 75 Prozent der Check-in-Zahlen des Vorjahres verzeichnen – trotz anhaltender Schließung der Duschen und Umkleiden. Die älteren Kunden sind auch deutlich vorsichtiger. Im Gesamten haben wir allerdings bislang weniger unterschiedliche Besucher in den einzelnen Anlagen als vor dem Lockdown. Engpass sind die Kurse – hier sind die beliebten Formate meist um circa 30 Prozent überbucht. Wir haben uns bewusst in den ersten sechs Wochen gegen externe Kampagnen entschieden, dennoch können wir in etwa die Fluktuation durch den Vertrieb kompensieren. Nach vier Wochen und trotz des guten Wetters haben wir im Mittel ca. 80 Prozent der Neukunden im Vergleich zum Vorjahreszeitraum – Tendenz: stark steigend. Im Großen und Ganzen zeigen die Kunden Verständnis und halten sich an die Auflagen. Der größte Beschwerdepunkt bleibt die Schließung der Duschen und Umkleiden, welche zum 1. Juli in BaWü wieder geöffnet werden durften. Der Lockdown hat uns circa 9 Prozent der Gesamtmitglieder gekostet. Es ist schwer prognostizierbar, bis wann dies kompensiert werden kann und wieder so etwas wie Normalität eintritt. Ein hohes Risiko stellen zudem die passiven Kunden dar. Werden diese nicht zeitnah aktiviert, steht eine weitere Kündigungswelle bevor! Der Schlüssel ist hier ein professionelles und lückenloses Mitgliederbindungssystem.“