Zukunftssicher aus der Krise
Warum virtuelle Fitness alternativlos ist
Das Schlagwort „Digitalisierung“ schwebte lange wie ein Damoklesschwert über der Fitnessbranche. Der große Druck, auch tatsächlich in digitale Angebote zu investieren, fehlte jedoch lange Zeit – bis vor einem Jahr die Fitness- und Gesundheitsstudios coronabedingt schließen mussten und die Betreiber sich seither gezwungen sehen, neue Wege zu gehen, um zu überleben.
Die Konsumgewohnheiten der Menschen haben sich im letzten Jahr grundlegend verändert. Aversionen gegen virtuelle Angebote sind de facto nicht mehr vorhanden. Wir streamen unser Abendprogramm, bezahlen kontaktlos, treffen unsere Freunde in virtuellen Räumen zum Wein-Tasting, bestellen beim Lieferdienst und trainieren zu Hause vor dem Fernseher.Da ist es nur folgerichtig, vergleichbare Angebote auch in die Studios zu übertragen. Doch welche Chancen bieten digitale Technologien der Fitnessbranche, um gestärkt und zukunftssicher aus der Krise hervorzugehen?
Alte Herausforderungen im neuen Gewand
Für Betreiber dreht sich seit jeher alles um zwei Punkte: Mitglieder gewinnen und Mitglieder halten. Diese beiden Ziele gestalten sich seit über zwölf Monaten sehr herausfordernd. Während der Schließungsmonate wurden kaum neue Mitgliedschaften abgeschlossen. Das Neukundengeschäft in den traditionell umsatzstärksten Monaten von November bis Februar brach komplett weg. Auch im Sommer 2020, als Training in den Studios für kurze Zeit wieder möglich war, schlossen im Branchendurchschnitt deutlich weniger Personen ein Abonnement bzw. eine Mitgliedschaft ab. Gleichzeitig erlebt die Branche seit Beginn der Krise eine erhöhte Kündigungsquote und kann deshalb die verlorenen Mitglieder nicht kompensieren. Mögliche Interessenten und Bestandsmitglieder sind verunsichert, wie es mit ihren Beiträgen weitergeht. Auch die Verbraucherzentralen schieben in ihren Artikeln den Studios den Schwarzen Peter zu, indem sie dazu ermutigen, Mitgliedsbeiträge zurückzufordern oder sogar fristlos zu kündigen.
Besonders wichtig ist jetzt die Kommunikation mit den Mitgliedern, um eine enge Bindung aufzubauen, Transparenz zu zeigen und zu informieren. Studioeigene Apps sind ein geeignetes Hilfsmittel, um schnell und unkompliziert mit den Mitgliedern zu kommunizieren. Integrierte Tools zeigen beispielsweise die Auslastung des Studios und Mitglieder können bequem Kurse oder Trainingsslots buchen. Per Push-Nachricht können Betreiber wichtige Informationen und Angebote direkt auf das Display der Nutzer schicken.
Mit virtuellen Angeboten Nähe schaffen
Individuelle Betreuung wird der Schlüssel zu loyalen Mitgliedern sein, die trotz behördlicher Schließungen den Studios weiterhin die Stange halten. Wenn man also nun intelligent analoge Prozesse durch digitale Technologien effizienter gestaltet, bleibt den Mitarbeitern mehr Zeit, sich voll und ganz auf das Wesentliche, nämlich die Mitglieder und deren Betreuung, zu fokussieren.
Sinnvoll sind kontaktlose Schließanlagen der Spinde – auch im Hinblick auf die Hygienemaßnahmen. Es entfällt die Herausgabe der Schlüssel oder Schlösser und die Unterbrechung von Verkaufsgesprächen, um die Utensilien herauszugeben. Das Gleiche gilt für die Zubereitung von Proteinshakes, die enorm viel Personalkapazität binden und bei spielsweise durch einen Shake- Automaten ersetzt werden können.
Viel mehr als nur eine Notlösung
Während des Lockdowns im Frühjahr 2020 wurde kurzerhand die Betreuung der Mitglieder über Videocalls implementiert. Egal ob Personal Training oder das reguläre Kursprogramm – vor den Webcams und Handykameras wurde alles gegeben und viel geschwitzt. Diese spontane Notlösung hat sich als nachhaltig erwiesen und wird die Branche auch noch langfristig begleiten. Auch Geschäftsreisende haben so ihre Trainer immer an ihrer Seite. Neben der Betreuung auf Termin gibt es auch die Möglichkeit, die Betreuung on demand anzubieten. So können virtuelle Fitnessangebote nach der Wiedereröffnung die Auslastung der Kursräume entzerren und die Angebotspalette deutlich erweitern. Trendformate schnell und unkompliziert ins Programm aufzunehmen, kann, wenn man den Hype im Marketing klug ausspielt, für reichlich Aufmerksamkeit sorgen.
Natürlich gibt es für Fitnessstudios auch Vorteile betriebswirtschaftlicher Art, wenn sie spielerische und virtuelle Angebote integrieren. Virtuelle Fitness hilft zum einen dabei, durch das flexible Angebot neue Zielgruppen wie Pflegepersonal und Schichtarbeiter anzusprechen, und zum anderen insbesondere die Kursräume durch entsprechende Angebote mit On-demand-Kursen viel stärker auszulasten. Jede Person, die hier individuell einen virtuellen Kurs für sich selbst auswählt, startet und damit zufrieden ist, schiebt dank Mitgliederbindung und Kundenzufriedenheit die Profitabilität von Räumlichkeiten in die richtige Richtung. Zumal ein virtueller Trainer, der durch einen „echten“ Trainer in einer Art Double-Coaching ergänzt wird, den Betreuungsschlüssel für jedes Mitglied deutlich verbessert.
Best Practice für Fitnessstudiobetreiber
Was gilt es für Studiobetreiber zu beachten, wenn sie sich virtuell aufstellen möchten? Modullösungen mit Aufpreis für die Mitglieder zur Nutzung der Cyberkurse sind aus zwei Gründen nicht empfehlenswert: Erstens sorgt dies bei den Kunden für Zurückhaltung dem Angebot gegenüber und zweitens wird ein administrativer Aufwand geschaffen. Stattdessen sollte man sich darauf fokussieren, indirekt durch neue Zielgruppen, durch eine bessere Mitgliederbindung und durch eine verbesserte Außendarstellung zu verdienen. Das ist besonders für Bestandsstudios interessant; so können sie sich an ihrem Standort ein moderneres Image und einen neuen Anstrich verschaffen.
Wichtig bei der Auswahl eines Anbieters ist, auf die Kursvielfalt zu achten. Das bietet einen Mehrwert vor allem für Studios auf dem Land, die es für gewöhnlich schwerer haben, professionelle Trainer in allen Bereichen und besonders für Trends zu finden. Hier kann ein breites virtuelles Fitnessangebot helfen, diesen Mangel auszugleichen. Nichtsdestotrotz: Am Ende des Tages kostet jedes Angebot virtueller Fitness den Betreiber Lizenzgebühren. Diese schwanken monatlich zwischen ca. 49 und 300 Euro. Für gewöhnlich spiegelt sich die Höhe der Lizenzgebühr in der Qualität des Angebots wider. Das sollte man bei der Auswahl eines Anbieters berücksichtigen, denn wie so vieles im Leben hat auch bei virtueller Fitness Qualität ihren berechtigten Preis.
Förderungsangebote jetzt nutzen!
In wirtschaftlich unsicheren Zeiten zu investieren fällt schwer – das weiß auch die Politik und unterstützt daher seit September 2020 kleine und mittlere Unternehmen (KMU) mit dem Programm „Digital Jetzt – Investitionsförderung für KMU“ vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) mit Fördergeldern in Höhe von bis zu 50.000 Euro. Außerdem können im Rahmen der Überbrückungshilfe III einmalig bis zu 20.000 Euro für Digitalisierungszwecke zur Erstattung beantragt werden.
Meike Reckers
Foto:steph photographies – stock.adobe.com;Meike Reckers