Hochintensives funktionelles Training
Wie wirkt sich hochintensives funktionelles Training (HIFT) auf die Körperzusammensetzung und die Muskelkraft aus?
Hochintensives funktionelles Training (HIFT) hat sich zu einer populären Trainingsvariante entwickelt. Allerdings ist noch unbekannt, welche Intensität optimal ist, um die Körperzusammensetzung und die Muskelkraft möglichst effektiv zu steigern. Mit dieser Frage beschäftigte sich eine aktuelle Studie.
Wer regelmäßig Krafttraining ausübt, erhöht dadurch nicht nur seine Muskelmasse und seine Muskelkraft, sondern erzielt damit ebenfalls Verbesserungen bei verschiedenen Gesundheitsparametern, wie z. B. einen gesteigerten Energieumsatz und eine höhere Glukosetoleranz. Da traditionelles Krafttraining oft mit einem erheblichen Zeitaufwand einhergeht, rücken in den letzten Jahren vermehrt alternative Trainingsmethoden in den Vordergrund, die mit geringerem Zeitaufwand einen ebenso hohen Fitness- und Gesundheitsnutzen versprechen. Eine dieser Methoden ist das hochintensive Intervalltraining (HIIT), das sich durch den Wechsel von intensiven Belastungsintervallen und Erholungsphasen mit niedriger Intensität oder vollständiger Ruhe auszeichnet.
Eine spezielle Form des HIIT ist das hochintensive funktionelle Training (HIFT). Hier kommen oftmals mehrgelenkige Kraftübungen wie Überkopfkniebeugen oder Kreuzheben in Form eines Zirkeltrainings mit kurzen oder gar keinen Pausen zwischen den Belastungsintervallen zum Einsatz. Durch den hohen und wiederholten Krafteinsatz während des HIFT werden positive Anpassungen im Bereich der Körperzusammensetzung der kardiovaskulären Ausdauer, der Kraft und der Beweglichkeit provoziert. Neben diesen generellen Erkenntnissen ist jedoch noch wenig darüber bekannt, welche Intensität des HIFT die größten Anpassungen hervorruft. Um dieser Frage nachzugehen, untersuchte ein Forscherteam aus Griechenland nun die Auswirkungen einer zwölfwöchigen HIFT-Intervention –durchgeführt entweder mit einer niedrigen oder einer moderaten Belastungsintensität – auf die Maximalkraft und die Körperzusammensetzung der Teilnehmer. Die Ergebnisse der Studie wurden kürzlich in dem Fachmagazin Sports veröffentlicht.
Der Studienaufbau
an der studie nahmen 31 sportliche personen zwischen 20 und 40 jahren teil. davon waren 52 prozent weiblich und 48 prozent männlich. zu studienbeginn durchliefen alle teilnehmer eine standardisierte testbatterie zur erfassung der maximalkraft und der körperzusammensetzung. anschließend wurden sie für die folgende zwölfwöchige hift-intervention in drei gruppen aufgeteilt: 13 personen trainierten mit einer moderaten intensität, 10 personen mit einer niedrigen intensität und die restlichen 8 personen bildeten eine kontrollgruppe, die keine zusätzlichen hift-einheiten durchführte. nach sechs wochen und im anschluss an die interventionsphase durchliefen die studienteilnehmer dieselbe testbatterie wie zu beginn der intervention, um mögliche trainingsanpassungen zu erfassen.
So wurde trainiert Das Trainingsprogramm fand dreimal pro Woche statt und beinhaltete fünf funktionelle Übungen, die in Form eines Zirkeltrainings durchgeführt wurden. Teil des Programms waren: Bankdrücken, Kniebeuge, vorgebeugtes Rudern, Kreuzheben und Schulterdrücken. Die Reihenfolge der Übungen war wie oben genannt, um einen Wechsel zwischen Übungen für Ober- und Unterkörper zu ermöglichen. Dabei folgte auf eine Belastungsphase von 30 Sekunden immer eine passive Erholungsphase von 30 Sekunden, bevor die nächste Übung durchgeführt wurde. Insgesamt wurden pro Trainingseinheit vier Durchgänge absolviert, zwischen denen sich die Teilnehmer jeweils für 2,5 Minuten erholen konnten.
Das Trainingsvolumen (Intensität x Anzahl der Durchgänge x Anzahl Wiederholungen pro Durchgang) war dabei in der Gruppe mit niedriger und in der Gruppe mit moderater Intensität gleich, da die Teilnehmer dazu angehalten waren, in der Belastungsphase so viele Wiederholungen wie möglich durchzuführen. Die Gruppe mit niedriger Intensität trainierte bei 30 Prozent ihrer Maximalkraft, was zu etwa 24 bis 28 Wiederholungen pro Übung führte, während die Gruppe mit moderater Intensität 8 bis 12 Wiederholungen bei 70 Prozent der Maximalkraft durchführte.
Das wurde gemessen
Vor, in der Mitte und nach der 12-wöchigen Intervention durchliefen die Teilnehmer eine standardisierte Testbatterie. Zunächst wurde die Maximalkraft in den fünf oben genannten Übungen erfasst. Hierfür starteten alle Teilnehmer mit einem Warm-up, das aus lockerem Einlaufen und Stretching für jeweils zehn Minuten bestand. Anschließend wurden von jeder Übung fünf Wiederholungen bei 50 Prozent des geschätzten 1-Repetition-Maximums (1-RM) durchgeführt, gefolgt von zwei bis drei Wiederholungen zwischen 60 und 80 Prozent. Durch ein kontinuierliches Erhöhen des Gewichts wurde eine Annäherung des 1-RM, also dem Gewicht, bei dem die Teilnehmer lediglich eine volle Wiederholung realisieren konnten, erreicht. Zwischen den einzelnen Versuchen wurden den Teilnehmern drei bis fünf Minuten Pause gegeben, um eine möglichst vollständige Erholung zu ermöglichen. Für alle Tests wurden freie Gewichte verwendet und der Wert für das 1-RM bzw. die Maximalkraft musste von beiden anwesenden zertifizierten Trainern bestätigt werden.
Zusätzlich wurde bei allen Studienteilnehmern die Körperzusammensetzung gemessen. Hierfür wurden sie dazu angehalten, in den 24 Stunden vor den Messungen keinen Alkohol und kein Koffein zu konsumieren, keine anstrengende körperliche Aktivität zu verrichten und in den drei Stunden vor den Messungen weder zu essen noch zu trinken. Als Messinstrument wurde die Bioelektrische Impedanzanalyse verwendet. Als Parameter wurden das Körperfett, die Knochenmasse und die Magermasse herangezogen. Alle Tests fanden zur gleichen Tageszeit statt, um mögliche Einflüsse des zirkadianen Rhythmus auszuschließen.
Abnahme des Körperfetts, Zunahme der Magermasse
Das Körpergewicht und die Knochenmasse änderten sich im Laufe der Studie bei keiner der drei Gruppen signifikant. Im Gegensatz dazu stellten die Forscher bereits nach sechs Wochen sowohl in der Gruppe mit niedriger als auch in der mit moderater Intensität einen Rückgang des Körperfetts um 1,7 kg bzw. 1,4 kg im Vergleich zur Ausgangsmessung fest, während die Werte der Kontrollgruppe unverändert blieben. Nach zwölf Wochen HIFT-Intervention war die Fettmasse in der Gruppe mit niedriger Intensität sogar um 3,2 kg reduziert, die Fettmasse der mit moderater Intensität trainierenden Gruppe ging dagegen mit insgesamt 1,6 kg nur leicht weiter zurück. In der Mitte der Interventionszeit verzeichnete die moderat intensiv trainierende Gruppe mit 1,1 kg einen etwa doppelt so hohen Zuwachs der Magermasse wie die mit niedriger Intensität trainierende Gruppe mit lediglich 0,5 kg. Nach Abschluss des Programms glich sich dieser Wert jedoch in beiden Gruppen an (1,3 kg vs. 1,1 kg). Auch hier gab es hinsichtlich der Kontrollgruppe mit einer Abnahme der Magermasse von 0,3 kg kaum Veränderungen (siehe Abbildung 1).
Die Ergebnisse in Bezug auf die Körperzusammensetzung bestätigen bisherige Untersuchungen mit anderen Personengruppen wie Krebs- und Diabetes-Typ-2-Patienten. Der stärkere Rückgang der Fettmasse der HIFT-Gruppe mit niedriger Intensität in der zweiten Hälfte der Intervention (6. bis 12. Woche) könnte mit der Anzahl der Wiederholungen pro Übung in Verbindung stehen. Durch die deutlich höhere Wiederholungszahl in dieser Gruppe gleicht sich deren Trainingsroutine mehr einem Kraftausdauer-Protokoll an – ähnliche Protokolle mit niedriger Intensität haben gezeigt, besonders gut zur Reduktion des Körperfetts geeignet zu sein. Gleichzeitig war der Zuwachs an Magermasse als Indikator für die Muskelmasse vor allem in der ersten Hälfte der Intervention in der Gruppe mit moderater Intensität erhöht. Die Autoren erklären sich dies mit der stärkeren mechanischen Belastung, der die Muskulatur in dieser Gruppe ausgesetzt war und die vermutlich zu einem verstärkten Muskelwachstum führte.
Maximalkraft in vier der fünf Kraftübungen erhöht
Bei der Kniebeuge konnte nur die moderat intensiv trainierende Gruppe eine statistisch signifikante Steigerung der Maximalkraft um 5,6 Prozent bereits nach sechs Wochen Training erzielen. Nach den vollen zwölf Wochen war der Kraftanstieg bei dieser Gruppe mit 12,6 Prozent abermals höher als jener bei der niedrig intensiv trainierenden Gruppe mit 10,1 Prozent. Ein gegensätzliches Bild zeigte sich in Bezug auf die Leistung beim Bankdrücken: Hier war das niedrig intensive Training nach sechs Wochen mit 8,8 Prozent zunächst effektiver. Am Ende der Intervention konnten dagegen beide Gruppen mit 11,8 bzw. 15 Prozent deutliche Kraftzuwächse erzielen. Beim vorgebeugten Rudern verbesserte sich mit 5,7 Prozent zunächst nur die moderat intensiv trainierende Gruppe und am Ende des Trainingsprogramms wiederum waren beide Gruppen mit 9,3 bzw. 8,9 Prozent fast gleich. Sowohl die mit niedriger (5,7 Prozent) als auch die mit moderater Intensität trainierende Gruppe (8,5 Prozent) steigerte ihre Maximalkraft beim Kreuzheben bereits bis zur Mitte der Intervention und dieser Trend setzte sich mit 10,0 bzw. 10,8 Prozent ebenfalls bis zum Interventionsende fort. Im Gegensatz zu den beschriebenen Verbesserungen in den ersten vier Kraftübungen stellten sich beim Schulterdrücken die beiden HIFT-Interventionen statistisch als nicht effektiver als das gängige Training der Kontrollgruppe heraus.
Niedrig intensives Training punktet bei Fettreduktion
Die Höhe der Kraftzuwächse durch die beiden HIFT-Programme war vergleichbar mit anderen Studien in diesem Bereich. Allerdings unterstützen die Ergebnisse nicht die ursprüngliche Annahme der Autoren, dass das moderat intensive Training größere Verbesserungen der Maximalkraft mit sich bringen würde als das niedrig intensive Training. Hierbei ist es wichtig anzumerken, dass die Maximalkraft nicht nur von der Muskelmasse abhängt, die sich – gekennzeichnet durch einen vergleichbaren Anstieg der Magermasse – in beiden Gruppen ähnlich entwickelte. Auch neuronale Anpassungen wie die Anzahl der gleichzeitig aktivierten Muskelfasern und deren Synchronisation spielen hierbei eine wichtige Rolle. Solche Aspekte sollten daher in zukünftigen Studien untersucht werden. Aus methodischer Sicht ist zudem anzumerken, dass die untersuchte Stichprobe mit 8 bis 13 Teilnehmern pro Gruppe in der vorgestellten Studie relativ klein war und eine Übertragbarkeit auf andere Personengruppen deshalb nur sehr bedingt möglich ist.
Die Studie untersuchte die Effekte eines niedrig intensiven und eines moderat intensiven HIFT-Programms auf die Körperzusammensetzung und die Maximalkraft von sportlich aktiven Personen. Die Ergebnisse untermauern die Effektivität beider Interventionen, gekennzeichnet durch einen Anstieg der Magermasse in beiden Gruppen bei gleichzeitiger Abnahme der Fettmasse, wobei diese in der Gruppe mit niedriger Intensität nochmals größer ausfiel. Zusätzlich konnten beide Gruppen deutliche Zuwächse in der Maximalkraft bei vier der fünf untersuchten Übungen (Bankdrücken, Kniebeuge, vorgebeugtes Rudern und Kreuzheben) verbuchen. Vor allem das niedrig intensive Training scheint damit bei Personen empfehlenswert zu sein, die hohe Belastungen des musculoskeletalen Systems vermeiden wollen oder gezielt eine Reduktion des Körperfetts anstreben. Bei gesunden Personen kann ebenfalls ein Wechsel zwischen niedrig und moderat intensivem HIFT sinnvoll sein, um den Trainingsreiz zu variieren und einer Trainingsmonotonie vorzubeugen.
Dr. Stefan Altmann
Dr. Stefan Altmann
ist Leiter der Leistungsdiagnostik am Institut für Sport und Sportwissenschaft des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) sowie Koordinator Sportphysiologie & Wissenschaft der TSG ResearchLab gGmbH.
Kontakt: stefan.altmann@kit.edu
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