Thorsten trifft … Eckbert Ganns
Anstelle des von unserem ehemaligen Geschäftsführer Max Barth verfassten Kommentars wird in Zukunft das Format „Thorsten trifft …“ erscheinen. Thorsten Rebek, neuer Chef der bodyLIFE Medien GmbH, trifft Entscheider und Branchengrößen zu einem kurzen Gespräch. Sein Premierengast war Eckbert Ganns, Country Manager D-A-CH Life Fitness.
Thorsten Rebek: Eckbert, du bist seit elf Jahren in der Fitnessbranche. Was macht diese für dich so besonders?
Eckbert Ganns: Abgesehen davon, dass es im Vergleich zu anderen großen Branchen eine noch relativ junge ist, in der somit stetige Veränderung und Entwicklung stattfindet, ist es zunehmend eine für das gesellschaftliche Wohlbefinden und damit für die gesamte Volkswirtschaft wichtige, ja sogar entscheidende Branche. Die gesellschaftlichen und damit volkswirtschaftlichen Auswirkungen von anhaltendem und zunehmendem Bewegungsmangel werden auch von der Politik in unverantwortlicher Weise unterschätzt. Damit werden nicht nur schwere, individuelle Schicksale, sondern auch völlig unnötige Kosten verursacht, die die Allgemeinheit zu tragen hat. Es ist somit mehr als überfällig, dass es einen auch durch politische Maßnahmen wie Steuererleichterungen unterstützten gesellschaftlichen Wandel im Bereich der allgemeinen Wahrnehmung, Akzeptanz und der regelmäßigen Ausübung von Aktivitäten für Fitness und das persönliche Wohlbefinden geben muss. Zu Recht wird aktuell der Klimawandel in der Gesellschaft national und international als ein für unsere Zukunft essenzielles Thema intensiv diskutiert. Wie bei den jüngsten Wahlen in Europa feststellbar, haben die Sensibilität für und die Diskussionen über dieses Thema die politische Landschaft bereits stark und nachhaltig beeinflusst. Wenn auch spät, erwarte ich aber in zunehmendem Maße, dass die Bewegungsarmut die Aufmerksamkeit von Politik und Öffentlichkeit erregt.
Thorsten Rebek: Was glaubst du, vor welchen Herausforderungen steht unsere Branche in Zukunft?
Eckbert Ganns: Die Fitnessbranche hat sich nach meiner Wahrnehmung im letzten Jahrzehnt bereits deutlich weiterentwickelt. Sie ist von einer eher performance- und damit altersspezifischen Sportausübungsart zu einer in allen gesellschaftlichen Bereichen akzeptierten und praktizierten Gesundheits-Bewegung geworden. Dabei trainieren heute schon sehr viele Menschen in Fitnessstudios, um mittel- und langfristig etwas für ihr Wohlbefinden und ihre Gesundheit zu tun, während vor 10 bis 20 Jahren sicherlich überwiegend der kurzfristige und sichtbare Effekt des Trainierens im Vordergrund gestanden hat. Auch wenn die Reaktionsrate in der deutschen Bevölkerung mit 13,4% seit Jahren steigend und sicherlich sehr lobenswert ist, wird es der Branche dauerhaft nur wirklich gut gehen können, wenn es Geräte- und Fitnessstudio-Anbieter gemeinsam schaffen, einen Teil der anderen rund 86% für regelmäßige sportliche Aktivitäten im Fitnessstudio zu interessieren und zu begeistern. Auf der Seite der Gerätehersteller ist dabei die Produktinnovation immer schwieriger geworden, da die natürlichen Bewegungsabläufe und -muster schon heute fast vollständig durch bestehende Trainingsgeräte abgebildet werden. Der Großteil der Produktneuerungen findet damit schon seit einigen Jahren mehr im Entertainment und Infotainment sowie in der „digitalen Begleitung“ der Trainierenden statt. Das wird nach meiner Einschätzung auch weiterhin so bleiben. Allerdings müssen die Gerätehersteller darauf achten, dass sie nicht am Bedarf der Trainierenden vorbeientwickeln, sondern den Studiobesitzern durch ihre Neu- und Weiterentwicklungen, die von diesen ja auch bezahlt werden müssen, echte und belegbare Mehrwerte schaffen.
Thorsten Rebek: Der Markt ist in Bewegung und man hört fast wöchentlich von Zusammenschlüssen, Kooperationen und Übernahmen. Auch bei euch gab bzw. gibt es Veränderungen?
Eckbert Ganns: Ja, im zweiten Halbjahr 2019 wird die Abtrennung des Fitnessgeschäftes von unserem Mutterkonzern Brunswick stattfinden. Das ist ein weiterer logischer Schritt in der Strategieumsetzung von Brunswick, wo man sich auf die Fokussierung auf die Motorbootsparte festgelegt hat. Ein separater Börsengang von Life Fitness mit seiner Markenfamilie Hammer Strength, Cybex, ICG/Indoor Cycling Group und SCIFIT sowie ein Verkauf an ein anderes Unternehmen oder einen Investor waren dabei von Brunswick geprüft worden. Letztendlich ist jetzt jüngst entschieden worden, das Angebot von „KPS Capital Partners“, einem Private-Equity-Unternehmen, anzunehmen. Life Fitness wird damit international nach heutiger Einschätzung zum 1. Juli 2019 einen Eigentümerwechsel vollziehen. Welche Veränderungen für das Unternehmen insgesamt dieser Eigentümerwechsel mittel- und langfristig mit sich bringen wird und ob/wann diese eventuell unmittelbaren Einfluss auf das operative lokale Life-Fitness-Geschäft in den einzelnen Ländern haben, kann im Moment verständlicherweise noch überhaupt nicht vorhergesagt werden.
Thorsten Rebek: Was bedeuten Übernahmen dieser Art für kleine Unternehmen und deren Chance am Markt?
Eckbert Ganns: Da die Entwicklung und Weiterentwicklung von Produkten generell, aber gerade auch von digitalen Inhalten und Erlebnissen teuer und sehr schnelllebig sind, stellen sie eine große finanzielle Herausforderung für die Gerätehersteller dar. Darum rechne ich mit einem weiteren Konzentrationsprozess auf der Anbieterseite in den nächsten Jahren. Natürlich wird es auch zukünftig immer kompetente Anbieter von sogenannten Nischenprodukten geben, die in ihrer Entwicklung eine sehr spezifische Kenntnis von Bewegungsabläufen oder der benötigten Technologie erfordern. Wegen der zunehmenden Internationalisierung des Vertriebs auf der Anbieterseite sowie der schon jetzt stattfindenden Marktanteilvergrößerungen von Kettenbetrieben auf Seiten der Fitnessstudios, die natürlich einen höheren Preisdruck auf die Hersteller ausüben, werden kleinere Geräteanbieter künftig mehr Geld für kontinuierliche Produktentwicklung und für Vertriebs- und Marketingaktivitäten ausgeben müssen. Sind sie hierzu nicht in der Lage, werden sie zu Übernahmekandidaten durch größere und internationale Unternehmen. Auch daran erkennt man, dass sich unsere Branche in den letzten 10 Jahren weiterentwickelt und als fester Industriesektor etabliert hat. Ob es einem gefällt oder nicht, ist dabei nicht wirklich relevant. Denn unabhängig von der persönlichen Neigung oder Abneigung einer solchen Entwicklung findet sie in unserer sowie in anderen Industriebranchen bereits seit vielen Jahren statt.