„Alles an mir war kaputt!“
Wie das Sportmodel Gela Allmann einen 800-m-Sturz überlebte und sich zurück ins Leben kämpfte
Erfolgreiche Athletin, Model und Moderatorin: Alles lief nach Plan, bis Angelika (Gela) Allmann 2014 während eines Fotoshootings auf Island fast 800 Meter in die Tiefe stürzte und mit viel Glück schwer verletzt überlebte. Danach glich ihr Körper einem Trümmerhaufen. Ihr bewundernswerter Kampf zurück in den Alltag hat sie viel Kraft, Ausdauer und Motivation gekostet.
body LIFE: Du sagst selbst über deinen Sturz: „Alles an mir war kaputt.“ Welche Verletzungen und insbesondere Frakturen hattest du, und wie waren die Heilungschancen zum damaligen Zeitpunkt?
Gela Allmann: Am schlimmsten war für mich der Trümmerbruch im rechten Knie. Da war eigentlich alles kaputt: vom Tibiakopf über quasi alle abgerissenen Bänder, den Hauptarterienabriss bis hin zu einem komplett zerfetzten Miniskus. Im linken Knie waren das vordere und hintere Kreuzband gerissen, das Innenband und ein kaputter Knorpel. Die linke Schulter war ebenfalls zertrümmert, woraus drei Operationen resultierten. In der Wirbelsäule war der fünfte Lendenwirbel gebrochen, und ein Nasenbeinbruch kam auch noch dazu. Aufgrund der Reibung auf dem Eis kam es außerdem zu großflächigen Hautabschürfungen und Verbrennungen an Hüfte, Becken und den Armen, sodass ich erst mal auf der Verbrennungsstation untergebracht war.
body LIFE: Wie hat sich das Ärzteteam um deine Verletzungen gekümmert?
Gela Allmann: Primär ging es ja erst mal darum, mein Leben zu retten! Die Oberschenkelhauptarterie im rechten Bein war abgerissen, ich drohte zu verbluten und das Bein zu verlieren. In einer neunstündigen Notoperation haben die Ärzte also erst mal versucht, die Blutung zu stoppen, mich nach altisländischer Tradition zusammenzuflicken und das Bein zu retten. Die Schwermetallschrauben habe ich immer noch drin. Nach den zwei Wochen auf der Verbrennungsstation wurde ich nach München ins ‚Rechts der Isar‘ geflogen, wo dann wöchentliche Operationen auf mich warteten, unter anderem Innen- und Außenband rechts, Miniskus. Dann linkes Bein, Schulter und Nase. Da ich mich aufgrund der Verletzungen nicht bewegen konnte und 12 Wochen lang auf dem Rücken lag, konnte auf eine Operation an der Wirbelsäule zum Glück verzichtet werden, da sich diese letztendlich wieder von selbst regeneriert hatte. Das rechte Bein hätte gerader gestellt werden können, aber die Gefahr eines Nervenabrisses war zu groß, sodass die Ärzte auf diesen Schritt verzichtet haben.
body LIFE: Welche weiteren Maßnahmen beziehungsweise Operationen waren notwendig?
Gela Allmann: Aufgrund der zahlreichen Operationen und der damit verbundenen großflächigen Schnitte an den Beinen mussten die Ärzte genau abwägen, welche Maßnahmen überhaupt noch realistisch waren, um weiterhin eine konstante Versorgung bzw. Durchblutung der Haut zu gewährleisten: Es folgten eine Nekrose am Tibiakopf, die Meniskusentfernung, Außenband und Säuberung rechts, Bänder links und zweimal die Schulter, da diese während der Notoperation in Island nicht ideal versorgt wurde. Nach sechs Monaten folgte dann eine Nerventransplantation.“
body LIFE: Gab es eine Art Zeitplan zurück in deine „Normalität“?
Gela Allmann: Den gab es nicht wirklich. Am Anfang war die Frage, ob ich überhaupt jemals wieder gehen kann. Es hing ja alles an der peripheren Nerventransplantation und ob sich Nerv überhaupt regeneriert. Normalerweise kann man das erst nach 12–18 Monaten sagen. Nach eineinhalb Jahren hatte ich dann nach und nach wieder mehr Gefühl im Bein und fing daraufhin mit gezielten Übungen an, um die Funktion des Nervs weiterhin voranzutreiben und um einen steten Aufbau der Muskulatur zu gewährleisten. Daraufhin folgte ein gezieltes Training der Beinmuskulatur, um das kaputte Knie zu entlasten.
body LIFE: Welche Reha-Maßnahmen wurden eingeleitet, und wie lange hat deine Genesung gedauert, bis du dich letztendlich im Alltag wieder schmerzfrei bewegen konntest?
Gela Allmann: Letztendlich verbrachte ich die ersten sechs Monate nach dem Unfall stationär in irgendwelchen Kliniken, durfte dann zum Glück nach Hause und wurde ambulant weiter betreut. Dreimal pro Woche jeweils über drei bis vier Stunden plus das zusätzliche Training daheim. Eigentlich habe ich meine komplette Zeit der Regeneration gewidmet. Das dauerte bis zu meiner ersten Schwangerschaft vier Jahre nach meinem Unfall.
body LIFE: Mit welchen Hindernissen hattest du zu kämpfen, als du aus dem Krankenhaus entlassen wurdest, und was hat dich motiviert, konsequent deinen Weg zu gehen?
Gela Allmann: Die Ungewissheit mit dem Nerv war schon irre krass, da man ja quasi gegen ein Nichts trainiert. Und das über 18 Monate hinweg morgens und abends am EMS-Gerät, um die Muskulatur zu erhalten, da ich diese ja nicht gezielt ansteuern konnte. Das Ganze ohne jegliche Rückmeldung und der Unsicherheit, ob der Nerv jemals wieder anspringt. Die mentale Belastung während dieser Zeit war enorm. Als dann endlich Hoffnung in Sicht war, wusste ich, dass ich alles in die Waagschale werfen muss, um weiterhin fit zu werden. Kraft- und Stabilisationstraining, Ausdauer … Trotzdem hatte ich aufgrund von phasenweise starken Schmerzen im Knie auch immer wieder mit Rückschlägen zu kämpfen, in denen ich dachte, ich halte das nicht länger aus. Tatsächlich hat sich mein Zustand über die Jahre wirklich verbessert, vielleicht auch begünstigt durch meine zwei Schwangerschaften, da der Körper während dieser Zeit weich wird und sich danach neu zusammensetzt. Zusammengefasst kann man sagen, dass mein Bein jetzt eigentlich wieder ganz gut dasteht. Ich fahre viel Rad und lege den Fokus auf axiale Sachen, da ich leider nicht mehr laufen kann – zumindest nicht mehr so wie früher. Und auch wenn das Knie immer mal wieder schmerzt, ist dies kein Dauerzustand und wird in der Regel wieder besser. Natürlich liegt es ganz bestimmt auch mit daran, dass ich als Mutter von zwei kleinen Kindern zusätzlich noch mit Stress und Schlafdefizit zu kämpfen habe.
body LIFE: Woher kamen Kraft und Ehrgeiz für deine Genesung, und glaubst du, dass Optimismus und positives Denken die Regeneration nach Verletzungen fördern bzw. beschleunigen?
Gela Allmann: Ich glaube, das hatte ich als Leistungssportlerin in mir. Das war meine Routine, das bin ich, das ist mein Charakter. Zu kämpfen und das Maximale aus mir und meiner Gesundheit rauszuholen, war schon immer ein Teil von mir. Mein positives Mindset hat mir zu 1000 % geholfen. Das habe ich mir bis heute bewahrt. Nach vorne zu schauen und zu wissen, was geklappt hat. Die Trainingsroutine und das gesamte Team um mich herum haben mich immer wieder aufgefangen, wenn es mir mal wieder schlechter ging.
body LIFE: Kannst du im Nachhinein sagen, was dir am meisten geholfen hat, wieder auf die Beine zu kommen?
Gela Allmann: Das war meine innere Einstellung. Dieses JETZT ERST RECHT! Das positive Denken und der Glaube, dass alles machbar ist. Natürlich auch der familiäre Rückhalt und mein Team, das mich, wie bereits erwähnt, immer wieder aufgefangen und getragen hat, wenn ich mentale Tiefschläge verkraften musste. Weiterhin die Bereitschaft, während des Regenerationsprozesses stets neue Grenzen auszuloten und mein Physiotherapeut Jan Frieling von Fit im Tal. Mein absoluter Held, der mich wahnsinnig getragen und motiviert hat.“
body LIFE: Wie sieht dein Leben aktuell aus? Bist du wieder bei 100 Prozent, oder gibt es nach wie vor Behandlungen bzw. Physiotherapie?
Gela Allmann: Irgendwann werden wir an das rechte Kniegelenk noch mal rangehen müssen, da aktuell nur das Außenband seine Funktion erfüllt. Eventuell erwartet mich ein neues Kniegelenk. Im Zuge dessen bleibt es spannend abzuwarten, ob die Nerven im Bein dabei mitspielen. Außerdem arbeite ich weiterhin sehr hart an meiner Oberschenkelmuskulatur beziehungsweise am Muskelaufbau im kompletten rechten Bein, um das Knie weiterhin zu entlasten. Das wird mein Leben lang so weitergehen. Bei der Physiotherapie bin ich aktuell noch alle drei bis vier Wochen, und vierteljährlich lasse ich mir Hyaluron ins Knie spritzen, um das Gelenk etwas zu puffern.
Foto: Baschi Bender Photograph