Entzündungen
Auslöser, Ablauf und Folgen
Entzündungen sind natürliche Reaktionen des Körpers auf beispielsweise Krankheitserreger oder Fremdkörper. Sie können auf eine Stelle begrenzt sein, sich in schweren Fällen aber auch ausbreiten. Entzündungen spielen zudem eine Rolle bei verschiedenen Erkrankungen wie rheumatoider Arthritis oder Morbus Crohn. Sie können sogar verschiedene Krebserkrankungen begünstigen.
Schwellungen, Rötungen, Schmerzen, Wärme – all das deutet auf eine Entzündung hin. Auch eine Funktionsstörung kann durch eine Entzündung bedingt sein, zum Beispiel, wenn ein entzündetes Gelenk in seiner Bewegung eingeschränkt ist oder eine Bronchitis das Atmen erschwert.
Bei einer Entzündung handelt es sich um eine Reaktion des körpereigenen Abwehrsystems auf zum Beispiel Krankheitserreger wie Bakterien oder Fremdkörper wie Splitter. Von einer Entzündung spricht man also dann, wenn der Körper diesen Reiz bekämpfen will, und nicht erst, wenn beispielsweise Bakterien Wunden befallen haben.
Die Ursachen einer Entzündungsreaktion sind vielfältig. Sie umfassen Krankheitserreger (Bakterien, Pilze, Viren), Verletzungen, Fremdkörper oder die Einwirkung von Chemikalien oder Strahlung.
Ablauf einer Entzündungsreaktion
Um eine Entzündungsreaktion zu starten, muss das Abwehrsystem zunächst den Auslöser erkennen. Ist dies geschehen, werden verschiedene Botenstoffe, auch als „Entzündungsmediatoren“ bezeichnet, freigesetzt, die das Immunsystem aktivieren. Im Anschluss beginnt die Abwehrreaktion: Botenstoffe wie Histamin bewirken, dass sich die Blutgefäße weiten und durchlässiger für Abwehrzellen werden. Die betroffene Stelle rötet und erwärmt sich. Die Abwehrzellen können in das Gewebe zum Ort des Geschehens wandern. Mit den Abwehrzellen gelangt auch mehr Flüssigkeit ins Gewebe: Es schwillt an.
Gewebehormone wiederum bewirken, dass Nerven gereizt werden. Das sendet Schmerzsignale an das Gehirn. Dieser Vorgang dient quasi als Schutzmechanismus: Schmerzt die Entzündung, schont man die Stelle automatisch. Im letzten Schritt der Entzündungsreaktion werden die Auslöser vom Immunsystem beseitigt. Normalerweise hört dann die Entzündungsreaktion auf.
Ist die Verletzung groß oder die Entzündung sehr stark, wird in manchen Fällen zu viel des betroffenen Gewebes zerstört. Manchmal schafft es der Körper nicht, das Gewebe zu reparieren, und es kommt zu einer Narbenbildung.
Wird der Auslöser der Entzündungsreaktion nicht beseitigt, kann das schwerwiegende Folgen nach sich ziehen; ein Beispiel ist eine Sepsis (Blutvergiftung), im Zuge derer Bakterien in die Blutbahn gelangt sind Das Immunsystem versucht, diese zu bekämpfen, wodurch es zu einer starken Abwehrreaktion kommt, die Organe schädigen kann.
Entzündliche Krankheiten: von Haut bis Magen-Darm
Eigentlich sind Entzündungen nützliche Reaktionen, um den Körper zu schützen. Manchmal laufen sie aber auch „aus dem Ruder“ – zum Beispiel bei chronischen entzündlichen Erkrankungen. Ein Beispiel ist die rheumatoide Arthritis, bei der in der Regel mehrere Gelenke dauerhaft entzündet sind. Die Immunzellen greifen dabei das eigene Körpergewebe an, wodurch sich die Gelenke entzünden. Fachleute bezeichnen das als „Autoimmunreaktion“. Die Ursache der Erkrankung ist bis heute nicht bekannt – im Verdacht stehen Viren und bestimmte Bakterien sowie Umwelteinflüsse. Auch Rauchen erhöht das Risiko, an einer rheumatoiden Arthritis zu erkranken.
Zudem kann die Haut von chronischen Entzündungen betroffen sein, zum Beispiel bei der Schuppenflechte (Psoriasis). Sie zeichnet sich durch rötliche, schuppende Hautveränderungen aus, die teilweise mit Juckreiz einhergehen. Diese entstehen, weil sich Keratinozyten, die hornbildenden Zellen der obersten Hautschicht, fast zehnmal so schnell teilen. Sie wandern daher in nur vier Tagen an die Hautoberfläche. Normalerweise dauert dieser Vorgang rund vier Wochen. Auch hier ist die Ursache eine Autoimmunreaktion: Das körpereigene Abwehrsystem setzt Botenstoffe frei, die Entzündungsreaktionen auslösen. Die beteiligten Botenstoffe regen die Keratinozyten zur schnelleren Vermehrung an. Die Autoimmunreaktion bei einer Schuppenflechte greift in manchen Fällen auch andere Bereiche des Körpers an. Rund 25 Prozent der Betroffenen leiden zusätzlich unter entzündeten Gelenken – Mediziner bezeichnen dies als „Psoriasis Arthritis“.
Entzündungen spielen zudem u. a. bei manchen Erkrankungen des Magen-Darm-Trakts eine entscheidende Rolle, z. B. Morbus Crohn und Colitis ulcerosa. Beim Morbus Crohn kommt es als Folge von Entzündungen zu einer Einengung des Darms und zur Fistelbildung (neu entstandene Entzündungsgänge). Bei der Colitis ulcerosa ist ausschließlich die Dickdarmschleimhaut betroffen.
Chronische Entzündungen und Krebsentstehung
Studien zeigen, dass chronischer Alkoholkonsum, eine chronische fett- und zuckerreiche Ernährung, Giftstoffe und bestimmte Viren chronische Entzündungen, Gewebeschäden und Krebs auslösen können. Schwelende Entzündungen im Körper bedingen verschiedene Reaktionen: Immunzellen werden an den Schadensort der Entzündung dirigiert, wodurch sich die Aufnahme von Sauerstoff erhöht. Doch das führt auch zur Bildung von sogenannten freien Radikalen und zu „oxidativem Stress“. Die freien Radikale wiederum greifen die DNA im Zellkern an und beeinflussen das Zellwachstum und die Tumorausbreitung. Stille Krebsgene können aktiviert werden. Ein Beispiel ist die Entstehung von Leberkrebs: Virusinfektionen oder Alkoholmissbrauch lösen chronische Entzündungen aus, die wiederum zu oxidativem Stress führen.
Die Assoziation von Entzündungen und Krebs wird auch am Beispiel der Colitis ulcerosa deutlich: Patienten mit Colitis ulcerosa haben ein erhöhtes Darmkrebsrisiko und im Schnitt entwickeln rund fünf Prozent der Betroffenen einen Tumor im Darm. Das Risiko steigt dabei mit der Dauer der Erkrankung. Auch Morbus-Crohn-Patienten haben ein erhöhtes Risiko, an Darmkrebs zu erkranken.
Einen Zusammenhang gibt es zudem zwischen Adipositas (Fettleibigkeit), Entzündungen und Krebs. Chronische Entzündungen sind ein typisches Symptom bei Adipositas, denn: Besteht eine ständige Überversorgung mit Nährstoffen, geraten die Hormone aus dem Gleichgewicht. Das stresst die Zellen und setzt das Immunsystem in einen Alarmzustand, was wiederum eine chronische Entzündungsreaktion im Körper nach sich zieht. Die Entzündungsmediatoren, die dadurch in erhöhter Anzahl vorliegen, lassen Krebszellen besser wachsen und sich vermehren.
Parodontitis kann weitere Krankheiten auslösen
Eine Parodontitis ist eine chronische Entzündung des Zahnhalteapparats. Sie kann sich aber auf weitaus mehr als nur den Mund auswirken: Studien zeigen, dass ein Zusammenhang zwischen Parodontitis und Diabetes, Rheuma, chronischen Atemwegserkrankungen, Herzinfarkt und Schlaganfall bestehen kann. Für die Parodontitis verantwortlich sind Bakterien, die sich auf Zähnen, am Zahnfleischrand und in den Zahnzwischenräumen als Beläge (Plaque) anheften. Hält eine Zahnfleischentzündung länger an, kann sich eine Parodontitis entwickeln. Das Zahnfleisch löst sich von der Zahnoberfläche ab und es bildet sich ein Spalt.
Eine Parodontitis kann einen Diabetes mellitus verschlimmern, umgekehrt haben Diabetespatienten ein erhöhtes Risiko, eine Parodontitis zu entwickeln. Ursache sind die hohen Blutzuckerwerte; diese schwächen die Abwehrkräfte, weshalb es häufiger zu Entzündungen kommt. Menschen mit schwerer Parodontitis haben zudem ein erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
Sport und Entzündungen
Sport kann chronischen Entzündungen im Körper entgegenwirken. Schon seit längerem ist bekannt, dass regelmäßige Bewegung vor Krankheiten wie Typ-2-Diabetes, Bluthochdruck und Schlaganfall schützen kann. Forschende der Deutschen Sporthochschule Köln fanden heraus, dass durch körperliches Training die regulatorischen T-Zellen im Blut ansteigen. Diese sind dafür zuständig, Immunreaktionen auszubalancieren. Im Rahmen der Studie wurden Blutproben von jungen Eliteathleten untersucht und mit Proben von jungen und gesunden, aber untrainierten Personen verglichen. Eine gute Ausdauer der Probanden war dabei mit einem hohen Anteil regulatorischen T-Zellen assoziiert. Die Erklärung der Wissenschaftler: Trainiert man hart und belastet die Muskeln stark, provoziert man einen entzündungsähnlichen Zustand. Die Muskeln schütten dann vermehrt Myokine aus. Das Immunsystem muss sich an diesen Zustand anpassen, indem es Immunzellen, die es bremsen, ausschüttet.
Auch eine vorherige Studie demonstriert den Einfluss von Sport auf die regulatorischen T-Zellen: Forschende hatten hier Blutproben von Spielern der Hockeynationalmannschaft nach einer mehrwöchigen Trainingspause und nach einem anschließenden harten Trainingsprogramm verglichen. Die regulatorischen T-Zellen waren innerhalb einer Woche um 20 Prozent angestiegen.Das Fazit der Wissenschaftler: Körperliche Aktivität erzielt durch die Steigerung regulatorischer T-Zellen entzündungshemmende Effekte.
Eine weitere Untersuchung der Universität Greifswald bestätigt den positiven Effekt von Sport auf Entzündungen. Die Forschenden untersuchten darin bei 1 481 Bürgern im Alter von 20 bis 81 Jahren den Zusammenhang zwischen körperlicher Fitness und Entzündungsmarkern im Blut. Das Ergebnis: Gefährliche Entzündungen waren bei körperlich leistungsfähigeren Menschen deutlich geringer ausgeprägt. Pro 100 ml mehr an Sauerstoff, den die Probanden während der Untersuchung maximal aufnahmen, zeigte sich der Entzündungsmarker CRP um 4,5 Prozent niedriger. Andere Entzündungswerte wiesen ähnliche Zusammenhänge auf, schreibt die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie in einer Pressemitteilung.
Dr. Miriam Sonnet
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