Biohacking bei Typ-2-Diabetes
Ein dauerhaft erhöhter Blutzuckerspiegel kann fatale Folgen für die Gesundheit haben. Es lohnt sich daher, rechtzeitig gegenzusteuern – mit einfachen Biohacking-Tricks ist das möglich. Dr. Lutz Graumann erläutert, welche das sind und welche wichtige Rolle die Fitnessstudios dabei einnehmen können.
Die Deutschen werden immer dicker. Durch die Coronapandemie hat sich dieser Trend noch einmal dramatisch verstärkt. Im statistischen Mittel sind wir zwischen Januar und Dezember 2020 nach Angaben des Robert Koch-Instituts drei Kilogramm schwerer geworden. Alle sitzen im Homeoffice und im Homeschooling. Die Menschen bewegen sich weniger, da die Fitnessstudios vorübergehen schließen und die Sportvereine ihre Angebote einstellen mussten. Dafür hatten wir mehr Zeit zum Essen und Snacken.
Diabetes mellitus hat fatale Folgen für die Organe
Diese Verkettung von unglücklichen Umständen, gepaart mit einem erhöhten Alkoholkonsum, wird die Zahl der Diabetiker in Deutschland unweigerlich in die Höhe treiben. Die Zuckererkrankung ist schon heute eines der größten weltweiten Gesundheitsprobleme. Es ist eine Krankheit, die fast alle Systeme des Körpers betrifft. Wenn sie nicht richtig behandelt und gehandhabt wird, führt sie zu zahlreichen schweren Folgen, z. B. zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Bluthochdruck, Stoffwechsel- und Hirnfunktionsstörungen, Blindheit sowie Nierenerkrankungen. Wir alle müssen also Vorsichtsmaßnahmen ergreifen, um die Auswirkungen von Diabetes Typ 2 zu minimieren.
Bei Diabetes nimmt die natürliche Fähigkeit des Körpers, Glukose zu verstoffwechseln, ab. Der Blutzuckerspiegel schießt weit über die normalen Grenzen nach oben. Leider ist Zucker in größeren Mengen bzw. in höheren Konzentrationen toxisch und die Ursache für allerlei gesundheitlicher Probleme. Die Glukose lagert sich in verschiedenen Geweben und Organen, zum Beispiel den Nieren, ab und macht sie mit der Zeit funktionsunfähig.
Wenn man durch eine Änderung des Lebensstils richtig damit umgeht, lassen sich die tödlichen Komplikationen von Diabetes vermeiden. Neben der Ernährungsumstellung spielen auch Änderungen des Lebensstils und körperliche Aktivität eine wichtige Rolle bei der Behandlung von Diabetes.
Insulinresistenz: Wenn sich Zucker im Blut anhäuft
Heutzutage ist Diabetes Typ 2 weiter verbreitet als Typ 1. Am häufigsten sind Personen mittleren Alters und ältere Menschen betroffen, aber auch Kinder und Jugendliche können darunter leiden. Die Patienten entwickeln in ihrem Körper eine Insulinresistenz. Die Bauchspeicheldrüse synthetisiert Insulin, das den Stoffwechsel von Glukose aus der Nahrung in Energie erleichtert. Bei Diabetes-Typ-2-Patienten kann die Bauchspeicheldrüse ihren normalen Anteil an Insulin wie gewohnt herstellen; allerdings reagieren ihre Zellen nicht so stark darauf wie sonst. Mit anderen Worten, die Zellen werden unempfindlich und resistent gegen Insulin. Das führt zu einer Anhäufung von Glukose in den Blutgefäßen, die den Blutzuckerspiegel in die Höhe treibt.
Mit Biohacking gezielt den Glukosespiegel kontrollieren
Doch wie bekommt man diese Entgleisung wieder in den Griff? Mit Biohacking! Biohacking ist der Begriff, der das Do-it-yourself für die Physiologie beschreibt. Die Wortkombination aus Bio von „Biologie“ und Hack von „Hacking“ steht für die gezielte Beeinflussung der menschlichen Körpersysteme durch eine genaue Analyse. Die Idee dahinter: Wer weiß, wie etwas funktioniert, kann im Alltag bessere Entscheidungen treffen, um gewünschte Effekte zu erzielen – wie ein Computerhacker, der mit seinen Skills jeden PC manipulieren kann.
Biohacking in Bezug auf Diabetes beschäftigt sich mit der Stimulation von Zuckertransportern, die Kohlenhydrate aus dem Blut in das Muskelgewebe aufnehmen. Jeder Mensch mit erhöhtem Blutzuckerspiegel sollte daher mit dem Biohacking beginnen. Am besten funktioniert das mit einem kontinuierlichen Blutzucker-Testgerät.
Der erste Schritt in diese Richtung beginnt mit einem Besuch beim Arzt, um über Anzeichen und Symptome zu sprechen, die auf einen schlechten Zuckerstoffwechsel hinweisen, und über den Wunsch, die Gesundheit durch ein Messgerät besser zu kontrollieren. Die Sensoren sind ungefähr so breit wie ein menschliches Haar und werden knapp unter der Haut am Oberarm platziert. Sie bestimmen ich Echtzeit die Zuckerspiegel in der interstitiellen Flüssigkeit unseres Körpers. Das lästige Piksen in den Finger fällt also weg. Mithilfe dieser Geräte kann der Patient genau herausfinden, was sich alles positiv und negativ auf seine Zuckerwerte auswirkt. Die folgenden vier Biohacks eignen sich besonders zur Kontrolle des Blutzuckerspiegels:
- KrafttrainingEs ist eine der praktischsten Methoden, um einen gesunden Körper zu erhalten und ein wesentlicher Aspekt jedes Fitnessplans. Betreiber von Fitnessstudios investieren viel in Handgewichte, Widerstandsbänder und zahlreiche Maschinen, die den Muskelaufbau unterstützen und zusätzliche Fette oder das Körpergewicht reduzieren. Krafttraining verbessert die Insulinempfindlichkeit, hilft Diabetikern, besser auf Kohlenhydrate zu reagieren, und verringert somit das Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
- Nüchtern-Cardio-Workout Ein weiterer optimaler Weg, den Blutzucker zu kontrollieren, sind Cardioeinheiten vor dem Frühstück. Sobald der Körper aufgehört hat, Nahrung zu verdauen, ist der Insulinspiegel niedrig und es zirkuliert kein Glykogen mehr im Blut. Infolgedessen muss sich der Körper einer anderen Energiequelle zuwenden – in der Regel Fett –, um den Körper durch das Training zu bringen. Nach insgesamt zwölf Stunden Nahrungskarenz treten diese veränderten Blutzuckerspiegel auf. Radfahren und Laufen am Vormittag machen also gesund und verbessern den Lebensstil.
- Spaziergang nach der Mahlzeit Sportliche Betätigung kann den Blutzuckerspiegel erheblich beeinflussen. Am besten sind 30 Minuten postprandial (nach dem Essen). Zahlreiche Studien untermauern diese These. Eine 2009 durchgeführte Studie hat die Auswirkungen des postprandialen Gehens auf den Blutzuckerspiegel ermittelt. An manchen Tagen wurden die Menschen dazu gebracht, nach jeder Mahlzeit einen Spaziergang zu machen. An anderen Tagen durften sie sich nach den Mahlzeiten ausruhen. Jedes Mal nahmen sie ihre Blutproben und maßen die Blutzucker- und Fettwerte im Blut. Die Ergebnisse zeigten, dass ihr Glukose- und Fettgehalt an den Tagen, anW Krafttraining Es ist eine der praktischsten Methoden, um einen gesunden Körper zu erhalten und ein wesentlicher Aspekt jedes Fitnessplans. Betreiber von Fitnessstudios investieren viel in Handgewichte, Widerstandsbänder und zahlreiche Maschinen, die den Muskelaufbau unterstützen und zusätzliche Fette oder das Körpergewicht reduzieren. Krafttraining verbessert die Insulinempfindlichkeit, hilft Diabetikern, besser auf Kohlenhydrate zu reagieren, und verringert somit das Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
- Stehen Vielleicht mag es überraschend sein, dass man durch langes Stehen den Blutzuckerspiegel kontrollieren kann. Eine Studie hat gezeigt, dass 180 Minuten Stehen nach dem Mittagessen den Blutzuckeranstieg nach dem Mittagessen um 12 Prozent im Vergleich zum Sitzen in der gleichen Zeit reduziert. Eine andere Studie hat herausgefunden, dass der Wechsel zwischen Stehen und Sitzen alle 30 Minuten während des Arbeitstages den Blutzuckeranstieg um 11,1 Prozent senkt. Eine weitere Studie untersuchte die schädlichen Auswirkungen des Sitzens nach dem Essen. Sie zeigte, dass Büroangestellte, die nach dem Essen sitzen bleiben, ein höheres Risiko für Diabetes Typ 2 haben. Deshalb ist ein Stehoder Geharbeitsplatz im Büro sehr empfehlenswert.
Die Rolle der Fitnessstudios bei Diabetes Typ 2
Diabetes Typ 2 ist auch als „silent killer“ bekannt. Wenn er nicht angemessen behandelt wird, beeinträchtigt er die Gesundheit der Menschen und verursacht viele Komplikationen. Es gibt zwar angemessene medizinische Therapien für dieses Leiden, aber die Rolle von Fitnessstudios bei der Behandlung von Diabetes Typ 2 darf nicht übersehen werden.
Um das Management und die Vorbeugung von Diabetes zu verbessern, sollten wir darüber nachdenken, den Fitnesssektor mit dem Gesundheitssektor zusammenzulegen. Der Mangel an regelmäßiger körperlicher Betätigung ist einer der Hauptfaktoren, der zu Diabetes Typ 2 führt. Der effektivste Weg, dieses Problem in den Griff zu bekommen, ist die Zusammenführung bzw. Kooperation von Medizinern und Fitnessexperten.
Die oben genannten Biohacking-Techniken zeigen, wie viel körperliche Aktivität für Diabetiker unerlässlich ist. Wenn sich also Mediziner und Fitnesstrainer zusammentun, um das Bewusstsein für körperliche Aktivität für solche Patienten zu stärken, wird dies sicherlich ein Durchbruch in der Welt des Diabetes sein.
Trainer und Fitnessstudiobetreiber können den Einzelnen motivieren, sich sportlich zu betätigen, während Ärzte ihren Patienten eine Anmeldung im Studio „verschreiben“ können. Diese Motivation sowohl von den Trainern als auch von den Ärzten wird die Motivation der Diabetiker erhöhen, dass sie körperlich aktiv werden
Fazit
Körperliche Bewegung ist unerlässlich, um Diabetes Typ 2 in den Griff zu bekommen und zu kontrollieren. Daher ist es dringend notwendig, eine Kultur angemessener körperlicher Aktivitäten durch Kampagnen zur Förderung von Fitnessstudios zu stärken und zu fördern. Die Akteure sollten sich Strategien zur Förderung von Gesundheit und Fitness ausdenken. Außerdem ist es notwendig, die Fitnesstrainer in grundlegenden Ernährungsfragen auszubilden, um die körperlichen Übungen zu verbessern und bessere Ergebnisse zu erzielen.
Dr. Lutz Graumann
Literatur beim Autor erhältlich
Dr. Lutz Graumann ist Sportmediziner und betreut Militärs, Spitzensportler und Klienten aus der Industrie. Er ist der aktuelle Präsident der „International Association of Performance Medicine“. Seine Publikationen erscheinen regelmäßig in nationalen und internationalen Fachmagazinen.
www.sportmedizin-rosenheim.de
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